Teil VII
Die Christlich-Deutsche Tischgesellschaft – Die frühe Form einer intellektuell-politisch verbrämten Vereinigung mit judenfeindlichen Facetten.
Über den Jahreswechsel 1809 zu 1810 kehrte der Preußische Hof wieder nach Berlin zurück. Mit im Gefolge Capitaine und Bürochef Scharnhorsts, Carl von Clausewitz. Die Chancen für sein militärisches Avancement waren aussichtsreich, und somit stand auch der Verbindung mit Marie nichts mehr im Wege. Die Gräfin Brühl-Mutter war dem Clausewitz nicht zugeneigt, hatte mit vom Stein andere Pläne für Tochter Marie verfolgt. Clausewitz war nunmehr auch durch die Verbindung mit dem Hause Brühl in Berlin nicht mehr unbekannt und gewann an Bedeutung.
Clausewitz kehrte in ein Berlin zurück, das zunehmend von einer deutlich spürbaren Romantik, auf den Flügeln Schleiermachers, durch E. T. A. Hoffmann, Joseph von Eichendorff, Ludwig Tieck, Bettina von Arnim, die Gebrüder Grimm, Novalis (eigentlich Georg Philipp Friedrich von Hardenberg), Clemens Brentano u. a., geprägt war. Das intellektuelle Leben Berlins hatte sich um die Jahrhundertwende bis zum Jahr 1806 in Salons jüdischer Frauen etabliert, die Emanzipationsorte wurden. Henriette Herz, Rahel Varnhagen und Dorothea Schlegel gehörten zu den prominenten Vertreterinnen.
Derartige Salons wurden in dieser Zeit Treffpunkt der Eliten, des Adels, des Militärs, der Wissenschaft, der Dichter, der Musiker und Maler. Auch nach 1806, im Jahr 1810, gab es Treffpunkte dieser Art in ähnlicher Form.
Peter Paret vermutet über Clausewitz:
»(…) Durch die Vermittlung Maries lernte er Wilhelm von Humboldt, den Dichter Achim von Arnim und andere kennen, die im Hause ihrer engen Freundin Luise von Voss verkehrten, […] Diese wiederum luden ihn ein, dem Kreis der „Christlich-deutschen Tischgesellschaft“ beizutreten, dessen Mitglieder und Gäste sich an jedem zweiten Dienstag zusammenfanden, um über Literatur und Politik zu diskutieren. (…)«
(Vergl. Peter Paret »Clausewitz und der Staat«, Dümmler, 1993, S. 261)
Clausewitz traf in dieser Gesellschaft Fichte und Schleiermacher und wahrscheinlich auch Heinrich von Kleist, der mit seinen Offizierskameraden Tiedeman, Pfuel und Rühle von Lilienstern bekannt war. Neben Geistesgrößen aus Literatur, Musik und Malerei, sah man dort auch Wissenschaftler, Hochschullehrer und hohe Beamte des preußischen Staates.
Von besonderem Interesse sind hier in unserer Betrachtung vor allem die Offiziere, die außer Clausewitz sich in der »Tischgesellschaft« versammelt hatten. Als prominenteste erscheinen da Graf von Chasôt und Oberst von Hacke. Weiterhin anwesend aus dem Freundeskreis Clausewitz‘ der Hauptmann Adam Georg Friedrich von Horn, die Majore August von Hedemann, Johann Carl von Moellendorf und Karl Ludwig Tiedemann sowie die Hauptleute (Brüder) Röder I und Röder II. All diese Offiziere standen den preußischen Reformen aufgeschlossen gegenüber im Gegensatz zu Yorck und Marwitz, die wir als Mitglieder da nicht finden.
»(…) Allerdings endete diese starke Präsenz der Reformmilitärs schon vor den Befreiungskriegen 1813/14, denn bereits 1812 verließen Clausewitz und Chasot wie auch Horn und Tiedemann aus Enttäuschung über das preußisch-französische Bündnis Berlin, um bei der russisch-deutschen Legion in den Dienst zu treten. In den kommenden Kriegsjahren fielen Chasot, Tiedemann und auch zwei Brüder von Röder. Ob jemand von den überlebenden Offizieren später wieder Kontakt mit der Tischgesellschaft aufgenommen hat, läßt sich nur vermuten. (…)«
(Vergl. »Geschichte der Deutschen Tischgesellschaft«, S. Niehaus, Niemeyer-Verlag 2003, S. 21/22)
Hervorgegangen ist die hier genannte »Tischgesellschaft« aus «Zelters Liedertafel«, deren Anfang wiederum durch F. W. III. initiiert wurde, der den Komponisten, Dirigenten und Musiklehrer Carl Friedrich Zelter (*1758; †1832) beauftragte, den Männergesang »zu heben«.
»(…) Die Anfänge der Berliner Liedertafel reichen bis in das Jahr 1807 hinauf. König Friedrich Wilhelm III., durch den Gesang eines russischen Männerchors erfreut, ließ Zelter in Berlin bedeuten, auf eine Hebung des deutschen Männergesangs zu denken. (…)«
(Vergl. »Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe«, Reinhold Steig, Verlag von W. Spemann 1901, S. 15)
Zum Geburtstag Friedrich II. am 24. Januar 1809 errichtet und am 2. Mai 1809 durch 24 ordentlichen Mitgliedern mit klingenden Gläsern und dem Abgesang Gleims (Johann Wilhelm Ludwig Gleim *1719; †1803) »Lied auf den König« eröffnet. Zelter komponierte dazu die Melodie.
Die Liedertafel sah die Eliten dieser Zeit, die aber nicht nur den Gesang pflegten, sondern auch beim Wein politisierten. Es war wohl so etwas wie ein romantischer »Stammtisch« dieser Zeit. Wilhelm von Humboldt (Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand von Humboldt *1767; †1835), der dort auch Friedrich Wilhelm Paul Nikolaus Fürst von Radziwill (*1797; †1870) traf, den späteren preußischen General der Infanterie, schrieb am 13. März 1810 an Friedrich August Christian Wilhelm Wolf (*1759; †1824), der mit Humboldt an der Gründung der Berliner Universität gearbeitet hatte:
»(…) Ich war heute bei Zelter in der Liedertafel, wo man aber für Gesang zu ernsthaft ist. (…)«
(Vergl. »Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe«, Reinhold Steig, Verlag von W. Spemann 1901, S. 17)
Protagonisten wie Carl Maria von Weber (*1786; †1826), der Komponist des »Freischütz« und Ernst Moritz Arndt, Achim von Arnim (*1781; †1831), Clemens Brentano (*1778; †1842) und der unglückliche Heinrich von Kleist (*1777; †1811), die an der Tafel saßen, waren sicherlich die Inspiratoren heftiger politischer Kontroversen, die Humboldt »zu ernsthaft« waren.
Der romantische Schriftsteller (»Des Knaben Wunderhorn«) Achim von Arnim wird von der Liedertafel aus der »Spíritus Réctor« der »Christlich-Deutschen Tischgesellschaft«. Er schrieb am Jahresausgang 1810 an die Gebrüder Grimm (Jakob Grimm (1785 bis 1863) und Wilhelm Grimm (1786 bis 1859) nach Kassel,
»(…) er sei damit beschäftigt, eine deutsche Tischgesellschaft zum 18. Januar, dem Krönungstage der preußischen Monarchie, zu errichten: „Adam Müller ist Mitunternehmer, ich bin Gesetzgeber. Das Weiseste der Gesetze bestimmt, daß jeder lederne Philister ausgeschlossen ist.“ (…)«
(Vergl. »Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe«, Reinhold Steig, Verlag von W. Spemann 1901, S. 21)
Hier beginnt das »arnimsche Ausschlussverfahren«, das »Philister« (Spießbürger), Frauen und letztendlich auch Juden betraf. In einem »Circular« (Rundschreiben A. Arnim), das durch die Gründungsmitglieder eigenhändig zu unterschreiben war, heißt es u. a.:
»(…) Wer von zehn Mitgliedern als der Gesellschaft wohlanständig und angemessen eingeführt wird, ist dadurch ordentliches Mitglied. Die Gesellschaft versteht unter dieser Wohlanständigkeit, daß es ein Mann von Ehre und guten Sitten und in christlicher Religion geboren sei, unter dieser Angemessenheit, daß es kein lederner Philister sei, als welche auf ewige Zeiten daraus verbannt sind. […] Gesang ist willkommen, Frauen können nicht zugelassen werden. (…)«
(Vergl. »Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe«, Reinhold Steig, Verlag von W. Spemann 1901, S. 22)
Unter den 46 Erstunterzeichnern des Circulars war auch Carl von Clausewitz.
(Vergl. »Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe«, Reinhold Steig, Verlag von W. Spemann 1901, S. 22/23)
War die Ablehnung der »Philister«, die man zu dieser Zeit als engstirnige, kleingeistige Spießbürger ohne besondere geistige Bedürfnisse darstellte, noch verständlich, so war der Verweis auf die Religionen judenfeindlich. Arnim wird dann später mit Brentano und Beuth in den Treffen der Tischgesellschaft Feindseligkeiten gegen Juden rassistisch darstellen.
Dass die Herren Gesellschafter Frauen ablehnten, ist unverständlich. Clemens Brentano zum Beispiel verkehrte in den geistreichen jüdischen Salons der preußischen Hauptstadt. Arnims Auftritt in einem solchen Salon sollte die »Affaire Itzig« auslösen, die wir noch betrachten werden. In Arnims »Circular« war »wohlanständig« derjenige, der den drei christlichen Kirchen Preußens angehörte. Wir müssen also davon ausgehen, wer seine Mitgliedschaft in der Tischgesellschaft mit seiner Unterschrift paraphiert hatte, lehnte Juden in der »Crème de la Crème« ab.
Peter Paret formuliert in seinem Buch »Clausewitz und der Staat«:
»(…) „Philister“, Frauen und Juden waren ausgeschlossen. Die anti-jüdische Klausel der Satzung war kein zentrales Anliegen der Gesellschaft; in ihr kam vielmehr eine wachsende Verbindung des kulturellen und politischen Patriotismus der deutschen Romantik mit einem mehr oder minder starkem Antisemitismus zum Ausdruck – eine Entwicklung, die nach dem „Wiener Kongress“ ihre deutlichste Äußerung in der liberalen Studentenbewegung der Burschenschaften finden sollte. (…)«
(Vergl. Peter Paret »Clausewitz und der Staat«, Dümmler, 1993, S. 262)
Dass die »antijüdische Klausel« der Satzung, wie Peter Paret es formuliert, kein zentrales Anliegen der Gesellschaft gewesen sein soll, ruft hier unseren Widerspruch hervor. Weiter oben hatten wir dargestellt, dass ein Mitglied nur mit zehn Bürgschaften
»(…) der Gesellschaft wohlanständig und angemessen eingeführt wird. (…)«
und die entsprechende Satzung (Circular) mit den drei Ausschlusskriterien zu unterzeichnen hatte. Der Ausschluss von »Philistern«, Frauen und »Nichtchristen« war hier eine Grundbedingung der Mitgliedschaft, ergo auch zentrales Anliegen der Gesellschaft. Der Begriff »Antisemitismus« bei Clausewitz greift hier nicht, da diese Bezeichnung erst lange nach Clausewitz´ Tod (1831) im Jahr 1879 in der deutschen Presse in Erscheinung trat. Wir hatten weiter oben darauf verwiesen.
Gleichwohl lebte Clausewitz in einer Zeit, in der man begann, Juden zunehmend nicht mehr über ihren religiösen Hintergrund zu charakterisieren, sondern als ein eigenes Volk, als »Staat im Staat«, als eine eigene fremde Rasse. Die Verbindung von Nation und Rasse in der Transformation zu Nationalismus und Rassismus, war vorgezeichnet. Auf das Clausewitz‘sche Bild über die Juden und sein persönliches Verhältnis zu diesen werden wir im Weiteren noch einmal zurück kommen.
Auch in dem durch Karl Friedrich Friesen (*1784; †1814) und Friedrich Ludwig Jahn (*1778; †1852) 1810 gegründeten »Deutschen Bund« waren Juden nicht erwünscht:
»(…) 1810 gründete er [Jahn Bem. Autor] zusammen mit Friedrich Friesen den „Deutschen Bund“, eine Geheimorganisation, deren politische Ziele die Befreiung Deutschlands von der französischen Herrschaft und die nationale Einheit bildeten. Nur Männer „deutscher Abstammung“ waren zugelassen, was auch getaufte Juden von der Mitgliedschaft ausschloss. (…)«
(Vergl. »Handbuch des Antisemitismus«, herausgegeben von Wolfgang Benz, Brigitte Mihok, S. 4o4)
Somit waren bei den drei bedeutendsten Unternehmungen der deutschen Nationalbewegung am Vorabend der Befreiungskriege, dem »Tugend-Bund«, der »Christlich-deutschen Tischgesellschaft« und dem »Deutschen Bund«, Juden für eine Mitgliedschaft ausgeschlossen. Damit war offenbar eine Judenfeindlichkeit sowohl bei den hier dargestellten Vereinen als auch bei deren Mitgliedern konsistent.
Die in der Tischgesellschaft versammelten Protagonisten waren in ihren Ansichten über die notwendigen Reformen in Preußen allgemein und in der Frage der Gleichberechtigung der Juden durchaus eine heterogene Versammlung. Im Gegensatz zu der liberalen Salonkultur vor und nach 1806 war diese Gesellschaft als geschlossene Männer-Runde zu betrachten, die ein festes Regularium mit klaren »Führungsstrukturen« hatte, die durch einen »Sprecher« repräsentiert wurde. Zeitweise waren 86 Mitglieder verzeichnet, die sich in der Regel jeden zweiten Dienstag bei »Speis und Trank« trafen, um über Literatur und Politik zu reden.
»(…) Von den 86 bekannten Mitgliedern gehörten jeweils genau eine Hälfte dem Adelsstand und die andere dem Bürgertum an. Aufgegliedert nach Berufen überwiegen deutlich Beamte [37] und Militärs [19], während die eigentlichen „Junker“, die Gutsherren, nur spärlich vertreten waren [3 mit A. v. Arnim]. Mit Prinz Radzivill und Graf Ingenheim finden sich Mitglieder aus dem höchsten Hofadel, bei den Beamten hohe Staatsbeamte wie Staegemann. (…)«
(Vergl. »Geschichte der Deutschen Tischgesellschaft«, S.Niehaus, Niemeyer-Verlag 2003, S. 16/17)
Darüber hinaus stellten die Professoren der 1810 frisch gegründeten »Berliner Universität«, die mit Kabinettsbefehl Friedrich Wilhelm III. vom 16. Oktober 1809 auf den Weg gebracht wurde, die zahlenmäßig größte Gruppe unter den Beamten dar.
In der Anfangszeit prägte die literarische Form der Satire die Stilmittel der Kritik an den Hardenberg´schen Reformen. Bewusst gewählt, um die durchaus vorhandene preußische Zensur zu unterlaufen. Das galt vor allem auch der Zeitung »Berliner Abendblätter« (1. Oktober 1810 bis 30. März 1811), herausgegeben von Heinrich von Kleist, welche am Ende auch gerade wegen Überwachung und Zensur unterging. Kleist plante, die Abendblätter als »Zentralorgan« der Tischgesellschaft zu etablieren.
Vor allem die »Tischreden« des Achim von Arnim spiegeln die Versuche Arnims und Gleichgesinnter wider, Judenfeindlichkeit in Satire und Witz zu verklausulieren. Wir sehen das an folgendem Beispiel. Arnim hatte sich als Student in Halle und Göttingen (1798 bis 1801) mit chemischen und physikalischen Versuchen beschäftigt. Dieser Bildungsstand verleitete den Dichter zu einem »Chemie – Experiment«:
»(…) Man zerreibe ihn 〈den Juden, Anm. Autor〉 im Feuermörsel, erwärme ihn mit Aetzlauge im Platintiegel, allmälig bis zum Durchglühen. (…)«
Die Analyse der Asche des Juden ergab nach Arnim die Bestandteile des Juden wie folgt: 50% Bosheit, 2% Gold, 10% eingeatmetes Silber, 20% altes Kupfer, 5% falsche Wechsel und 4% Christenblut, welches durch sündliche Vermischung gewonnen sei.
(Vergl. »Ludwig Achim von Arnim«, Werke und Briefwechsel, S. 125)
Saul Ascher (*1767; †1822), ein deutsch-jüdischer Schriftsteller, dessen Schrift »Die Germanomanie« am 18. Oktober 1817 auf dem Wartburgfest verbrannt wurde, kritisierte die Reden auf der Gesellschaft scharf.
»(…) Die satirischen Beschimpfungen der Juden hält Ascher als Ausgeburten einer krankhaften Phantasie (…)«
(Vergl. »Geschichte der Deutschen Tischgesellschaft«, S. Niehaus, Niemeyer-Verlag 2003, S. 184)
Und … es wurde viel gelacht an der Tafel wie bei Brentanos vergleichsweise harmloser Satire über die »Philister«:
»(…) Als Brentano seinen Philister vortrug, mit aller Kraft seines Talents, geriet die Gesellschaft außer sich, jubelte und schrie vor Vergnügen, bemerkte Varnhagen, der Brentano eigentlich nicht mochte, und auch der von Brentanos Satire getroffene Hitzig ärgerte sich besonders, weil Berlins Schöbgeister und Vornehme mit offenem Mund dagesessen und seine Vorlesungen angehört hätten. (…)«
(Vergl. Hitzig an Fouqué, 15. April 1811, Dorch, 1994, S. 219)
Quellen berichten, dass andere Reden ebenso mit Beifall aufgenommen wurden.
Erst als Fichte die Leitung der Gesellschaft übernahm, wurden Ton und Inhalt der Reden auf der Gesellschaft moderat.
«(…) Unter der Leitung Fichtes hatte die Tischgesellschaft begonnen, sich von ihrer Fixierung auf das Judentum zu verabschieden (…)«
(Vergl. »Geschichte der Deutschen Tischgesellschaft«, S. Niehaus, Niemeyer-Verlag, 2003, S. 261)
Worin lagen Arnims persönliche Motive für seine Judenfeindlichkeit?
»(…) Arnim wie auch sein Bruder waren in den Jahren nach 1807 nahe an den wirtschaftlichen Ruin geraten. Seine Gesamtschulden beliefen sich damals auf die astronomische Summe von über 43.000 Reichstaler. Die Familie sei, da die Mehrzahl der Gläubiger jüdische Finanziers gewesen seinen, „in der Juden Hände“ gebracht worden. (…)«
(Vergl. »Judentum und Nationalgedanke in Fichtes Leben und Werk«, H.-J. Becker, Editions Rodopi B. V., Amsterdam 2001, S. 184)
Hier kommen wir zurück auf zwei der Ursachen für die Judenfeindlichkeit einiger Eliten Preußens in der Zeit vor dem Emanzipationsedikt F. W. III. Ökonomische, in der Regel selbstverschuldete Probleme mutierten zur scheinbaren Selbstverteidigung in rassistische Anfeindungen gegen Juden. Arnim vermied allerdings, das in seinen Reden und Texten zu thematisieren. Arnim wird später nach 1812 seinen Ton diesbezüglich mäßigen und seine guten Verbindungen in der Gesellschaft z. B. auch zu Gneisenau pflegen.
Ob Carl von Clausewitz Arnims und Brentanos Reden gehört und bejubelt hat, wissen wir nicht. Dazu sagen Quellen nichts aus. Betrachten wir jedoch den Charakter Clausewitz‘, so ist es unwahrscheinlich, dass er sich dazu hat hinreißen lassen.
»(…) Doch Clausewitz hatte sich nie etwas aus dem höfischen Leben gemacht und überdies jedwede Eigenschaft eines Höflings, die er je besessen haben mochte, nach seiner Rückkehr aus Frankreich völlig abgelegt. Er gab sich mittlerweile wenig Mühe, den Eindruck eines gedankenverlorenen und verdrießlichen Menschen, den er auf andere machte, zu korrigieren. (…)«
(Vergl. Peter Paret »Clausewitz und der Staat«, Dümmler, 1993, S. 259)
Vor allem als Offizier und General trat Clausewitz eher introvertiert als extrovertiert auf.
»(…) Jüngere Offiziere, die nach den Befreiungskriegen unter ihm dienten, mokierten sich über seine Unbeholfenheit und sein selbst in vertrauter militärischer Umgebung hartnäckiges bzw. verlegenes Schweigen. „Es ging ihm die Kunst ab d´enlever les troupes“, so schrieb ein ihm unterstellter Offizier. (…)«
(Vergl. Peter Paret »Clausewitz und der Staat«, Dümmler, 1993, S. 260)
Unter dem Begriff Kunst »d´enlever les troupes« verstanden und verstehen Soldaten auch heute noch »die Truppen abziehen«, was soviel bedeutet wie »forsch auftreten«, »Dampf machen«. Nein, gehen wir davon aus, dass Clausewitz, wenn er Arnim, Brentano und Beuth gehört haben sollte, geschwiegen hat!? Ob er in persönliche Gegenrede gegangen ist, entzieht sich unserer Kenntnis.
1811 jedoch sorgte der Junker Achim von Arnim noch für einen Skandal, der die Berliner Gesellschaft heftig bewegte. Dazu gibt es wenigstens Reaktionen einiger Militärs, auf die wir hier noch eingehen werden.