Teil 6

Wie ver­hee­rend sich im asym­me­tri­schen Krieg eine unkla­re Nach­rich­ten­la­ge aus­wir­ken kann, sahen wir vor 10 Jah­ren, am 04. Sep­tem­ber 2009, nahe dem afgha­ni­schen Kun­dus. Der Trup­pen­kom­man­deur des dama­li­gen BW-​Kontingentes ließ einen Luft­schlag auf zwei Tank­fahr­zeu­ge füh­ren, die zuvor durch die Tali­ban requi­riert wor­den waren. Dort im Füh­rungs­zen­trum war man der Annah­me, dass die im Fluss­sand ste­cken­den Fahr­zeu­ge eine unmit­tel­ba­re Bedro­hung dar­stel­len würden.

Es gab Dut­zen­de Tote, vor­ran­gig Zivi­lis­ten, dar­un­ter Kinder.

Aus Sicht des Autors ließ der ver­ant­wort­li­che Trup­pen­kom­man­deur einen schwe­ren hand­werk­li­chen Feh­ler zu. Unschar­fe Ergeb­nis­se der Luft­auf­klä­rung und zwei­fel­haf­te Infor­ma­tio­nen eines Afgha­nen hät­ten nach allen Regeln der (ope­ra­ti­ven und tak­ti­schen) Kunst durch Nah­auf­klä­rung am Boden veri­fi­ziert wer­den müs­sen. Das geschah selt­sa­mer­wei­se, angeb­lich wegen feh­len­der Kräf­te, nicht.

Die »Drei­fal­tig­keit« der Auf­klä­rung umschließt die Luft‑, Funk- und Bodenaufklärung.

Wel­chen Stel­len­wert die Rus­sen zum Bei­spiel die­ser neu­en Metho­de der Kriegs­füh­rung schon vor den Krim-​Ereignissen ein­räum­ten, sehen wir an fol­gen­der Information:

»Bei den rus­si­schen Streit­kräf­ten ent­steht bald eine neue Waf­fen­gat­tung, die sich mit Über­wa­chung, Daten­ver­ar­bei­tung und Bekämp­fung von Gefah­ren im Cyber­space befas­sen wird. Dies teil­te Andrej Gri­gor­jew, Chef des Fonds für zukunfts­ori­en­tier­te For­schung (FP) mit. Unter­stellt wird die neue Waf­fen­gat­tung einem Cyber­kom­man­do, das beim Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um eta­bliert wer­den soll, so Gri­gor­jew am Diens­tag im Radio­sen­der Echo Mos­kaus. Für die neue Ein­heit wür­den bereits Offi­zie­re aus­ge­bil­det. Der Akzent lie­ge bei Fremd­spra­chen. Kon­kre­te Ter­mi­ne nann­te der FPI-​Chef nicht. Laut Medi­en­in­for­ma­tio­nen sol­len die Cyber­trup­pen noch in die­sem Jahr ent­ste­hen.«
Quel­le : Ria Nowos­ti 20.08.2013, Ser­gey Nivens

Aus den »Sput­nik News, Mos­kau, Russ­land« erfah­ren wir im Jahr 2016:

»Die rus­si­schen Streit­kräf­te erhal­ten neue Anla­gen zur elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung und üben regel­mä­ßig damit. Die Aus­rüs­tun­gen kön­nen ins­be­son­de­re an Kampf­jets und Hub­schrau­bern instal­liert wer­den, um die Kom­mu­ni­ka­ti­on eines Geg­ners bei Bedarf lahm­zu­le­gen. … Die­se sind in der Lage, den Geg­ner im Radi­us von meh­re­ren Hun­dert Kilo­me­tern „blind“ zu machen. Das Sys­tem spei­chert dabei eine Daten­bank zu ver­schie­de­nen Zie­len, um die wirk­sams­te Stö­rung gegen sie zu wäh­len. … Ein meh­re­re Hun­dert Kilo­me­ter gro­ßes Gebiet wur­de mit einer Kup­pel elek­tro­ma­gne­ti­scher Wel­len bedeckt. Dadurch wur­den nicht nur Flie­ger, son­dern auch Satel­li­ten des ange­nom­me­nen Geg­ners machtlos«
Quel­le: Sputnik/​Sergej Mamon­tov Technik

Wie kom­pli­ziert und gefähr­lich die gegen­wär­ti­ge Sicher­heits­la­ge in Sachen »kyber­ne­ti­scher Krieg« ist, sehen wir auch aus der nach­fol­gen­den Einschätzung:

»Das rus­si­sche Sys­tem der elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung ist dem ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem um ein Viel­fa­ches über­le­gen und kann den US-​Truppen einen ernst­haf­ten Scha­den zufü­gen, wäh­rend die USA kei­ne Kampf­erfah­rung gegen die­ses Sys­tem haben.«, 

schreibt das ame­ri­ka­ni­sche Por­tal für Mili­tär­ana­ly­se, »Defen­se News«.

»Kein ein­zi­ger Ame­ri­ka­ner hat je mit der rus­si­schen Artil­le­rie oder mit bedeu­ten­den Sys­te­men der elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung zu tun gehabt, die Stö­run­gen her­stel­len oder Infor­ma­tio­nen sam­meln können«, 

glaubt der Befehls­ha­ber der Nato ‑Trup­pen in Euro­pa, Gene­ral­leut­nant Ben Hod­ges (Dreis­ter­ne Gene­ral a. D.)

»Im Unter­schied zu den US-​Streitkräften ver­fügt die rus­si­sche Armee über leis­tungs­star­ke Ein­hei­ten der elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung, wel­che die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze des ope­ra­ti­ven Kom­man­dos und der Trup­pen­füh­rung lahm­le­gen kön­nen. Der ame­ri­ka­ni­sche Befehls­ha­ber nann­te die Fähig­kei­ten der rus­si­schen Armee auf dem Gebiet der elek­tro­ni­schen Kampf­füh­rung „for­mi­da­bel«*
Quel­le: http//de.sputniknews

Die­ses »for­mi­da­bel« erleb­ten wir in der geschil­der­ten Ope­ra­ti­on der rus­si­schen Armee in der Krim-​Kampagne 2014, wo es der rus­si­schen Armee offen­sicht­lich gelang, vor allem gegen ukrai­ni­sche Nachrichten- und Füh­rungs­mit­tel einen emp­find­li­chen funk­elek­tro­ni­schen Schlag zu füh­ren und die­se im gesam­ten Ope­ra­ti­ons­ge­biet prak­tisch unwirk­sam machte.

Zurück zu Clau­se­witz, indem wir die­se Ent­wick­lung auf­merk­sam beob­ach­ten und ent­spre­chen­de Schluss­fol­ge­run­gen zie­hen kön­nen, um die­ser »aller­größ­ten Frik­ti­on« nicht ohn­mäch­tig aus­ge­setzt zu sein:

»Fes­tes Ver­trau­en zu sich selbst muß ihn gegen den schein­ba­ren Drang des Augen­bli­ckes waff­nen; sei­ne frü­he­re Über­zeu­gung wird sich bei der Ent­wick­lung bewäh­ren, wenn die vor­de­ren Kulis­sen, wel­che das Schick­sal in die Kriegs­sze­nen ein­schiebt, mit ihren dick auf­ge­tra­ge­nen Gestal­ten der Gefahr weg­ge­zo­gen und der Hori­zont erwei­tert ist. Das ist eine der größ­ten Klüf­te zwi­schen Ent­wer­fen und Aus­füh­ren

Teil VII