II. Der Feldzug in den Tagen des 14. Juni bis 19. Juni 1815
Der Nebel des Krieges
Der Beginn des Feldzuges war geprägt von einer außerordentlich unklaren Lage. Die Frage war: »Was würde Napoléon tun?« Es war für die Alliierten kaum anzunehmen, dass der Kaiser warten würde, bis die Heeresmasse seiner Gegner versammelt war, also Russen und Österreicher zu Wellington und Blücher aufschließen konnten. Dennoch lag über dem Kriegstheater eine knisternde Ungewissheit.
[…] Der Krieg ist das Gebiet der Ungewißheit; drei Vierteile derjenigen Dinge, worauf das Handeln im Kriege gebaut wird, liegen im Nebel einer mehr oder weniger großen Ungewißheit. Hier ist es also zuerst, wo ein feiner, durchdringender Verstand in Anspruch genommen wird, um mit dem Takte seines Urteils die Wahrheit herauszufühlen. […]
(Vergl. »Vom Kriege«, Carl von Clausewitz, Verlag MfNV, Berlin 1957, I.Buch, 3.Kap. Der kriegerische Genius, S.55)
Den Duke of Wellington und den Marschall Blücher bewegte die Frage: Was plante Bonaparte, und was würde er tatsächlich unternehmen? Erstaunlicherweise versagte Wellingtons Spionagesystem nahezu vollständig, da die Grenzen in Richtung Belgien abgeschottet waren und die Bevölkerung relativ loyal zu Frankreich stand. Somit lagen keine verlässlichen Informationen über etwaige Handlungen der französischen Armee vor. Beide Heerführer unterschätzten die Möglichkeiten der realen Gefahr eines sprunghaften und baldigen Angriffs Napoléons. Gleichwohl gab es frühzeitige Warnungen. Zwei Tage bevor Napoléon, der am 12. Juni aus Paris abreiste und am 14. Juni bei den Truppen war, meldete der Chef des Stabes des III. Armeekorps, Oberst Carl von Clausewitz, Bewegungen der Franzosen. Wonach zwei im Raum Metz stehende französische Divisionen aus ihren Räumen abmarschiert seien. Mit einer deutlicheren Warnung vor einer unmittelbar bevorstehenden Aktion der Franzosen sei wohl kaum noch zu rechnen, bemerkte er ahnungsvoll.
(Vergl. »Die Schlacht« Waterloo 1815, K.-J. Bremm, WBG Darmstadt, 2015, S. 79)
Während der Korse zur Tat schritt, beging Wellington – am 15. Juni – in Brüssel den Jahrestag der Schlacht von Vitoria von 1813 mit einem festlichen Ball, den die »Herzogin von Richmond« veranstaltete. Ihm selbst war zu diesem Zeitpunkt wohl schon bewusst, dass die »Luft brannte«, wollte aber keine Panik verbreiten. Der größte Teil seiner wichtigen Offiziere war anwesend, und so konnte er unauffällig führen. Die Alliierten rechneten für den 16. Juni mit Gefechten bei Ligny und bei Quadre-Bras (vier Arme).
[…] Der Duke musste dringende Befehle ausgeben (…) Der Ball diente in der Tat als Stabstreffen, (…) An der Straße von Charleroi war die Hölle losgebrochen. […]
(Vgl. Cornwell Bernard, »Waterloo«. Eine Schlacht verändert Europa. Reinbek bei Hamburg 2015, S. 69 bis 70)
Als Wellington am Abend von General Müffling – gegen 18:00 Uhr – durch eine schriftliche Nachricht von Blücher über die entstandene Lage informiert wird, zögert der Duke noch. Später jedoch, als die Nachricht, dass die Franzosen vor Quatre-Bras stehen, soll der Herzog gesagt haben »He has humbugged me« (“Er hat mich übers Ohr gehauen”). Nun war der Herzog gezwungen, schnell zu handeln. Das große »Rendezvouz« war eröffnet.
Die Streitkräfte
Mitte Juni verfügten die Alliierten auf dem belgischen Kriegsschauplatz über folgende annähernde Truppenstärke:
Die niederländische Armee unter Wellington … 100.000 Mann;
Blücher … 115.000 Mann;
Bundestruppen an der Mosel (Reserven) … 20.000 Mann;
Mithin also … 235.000 Mann insgesamt.
Gegen diese Truppen hatten die Franzosen
etwa vom stehenden Heer … 180.000 Mann;
von den Nationalgarden .… 15.000 Mann;
Zusammen im Felde … 195.000 Mann insgesamt.
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 323 bis 324)
Die hier dargestellten Stärken variieren in Abhängigkeit der im Verlaufe der Gefechte eingesetzten Armeekorps und der operativ taktischen Aufgaben und Ziele. Clausewitz schlüsselt diese akribisch auf. Mit Beginn der Handlungen am 15. Juni kam es fortwährend zu Bestandsveränderungen beider Seiten durch sanitäre und letale Verluste sowie durch Fluktuationen (z. B. Desertion).
Das Schlachtfeld
15 Kilometer südlich von Brüssel liegt das Dorf Waterloo. Diese Region gehörte damals noch zu den Niederlanden. Durch Waterloo führt die gut ausgebaute Straße von Brüssel nach Charleroi. Im Zentrum des kleines Dorfs befand sich ein Gasthof. Aufgrund seiner exponierten Lage machte der britische Generalstab das Gebäude zum Hauptquartier für den Herzog von Wellington. Vier Kilometern weiter liegt an der Straße die kleine Ansiedelung Mont-Saint-Jean mit einer Kreuzung und einem Bauernhof. Von der Kreuzung führt eine Straße in südwestlicher Richtung nach Nivelles. Entlang der Straße nach Charleroi befindet sich etwa einen Kilometer entfernt, am Ende eines kleinen Hügels, der Nachbarhof La Haye Sainte. Folgt man der Straße nach Süden, erreicht man nach einem kleinen Anstieg und gut einem Kilometer das ehemalige Gasthaus Belle-Alliance (Schöne Verbindung). Bleibt man auf der Straße, erreicht man nach 2,5 Kilometern den Bauernhof Le Caillou. Am Vorabend der Schlacht von Waterloo ließ General Bertrand, der Adjutant des Kaisers, Napoleons Hauptquartier auf dem Bauernhof Le Caillou einrichten. Westlich von La Belle Alliance, an der Straße nach Nivelles, liegt das große Anwesen Hougomont. Östlich von La Haye Sainte liegt der Bauernhof Papelotte. La Haye Sainte ist wie Papelotte ein typischer Bauernhof der Region in der Zeit um 1815.
Das Terrain des eigentlichen Schlachtfeldes – am Tag von Belle-Alliance – war mit einer Breite von knapp 4.000 m und einer Tiefe von ca. 1.500 m, also etwa 6 Quadratkilometer, eine extrem beschränkte Walstatt für eine blutige Schlacht dieses Ausmaßes, auf der sich rund 150.000 Kombattanten beider Seiten fast neun Stunden erbittert schlugen. Prägnant die Höhenzüge von etwa 150 m über NN, auf denen sich beherrschende Ortslagen befanden, die durch die Briten besetzt waren. Das Gelände war nicht bewaldet und landwirtschaftlich in Nutzung. Hohlwege stellten insbesondere für die Kavallerie Hindernisse dar. Durch schwere wolkenbruchartige Niederschläge vom 17. zum 18. Juni war die Passierbarkeit für Infanterie, Artillerie und Kavallerie sehr erschwert.
Lage der Alliierten am 14. Juni 1815

Das Spiel der »Linien«
Napoléon hatte sich klugerweise entschlossen, seine Gegner schnell nacheinander anzugreifen und zu schlagen. Erst dann, so dachte er, könne er sich den Österreichern zuwenden. Damit nutzte er den Vorteil der »Inneren Linie«. Er schob sich schlagartig zwischen Wellington und Blücher, nutzte das Überraschungsmoment und gewann so, als der sich scheinbar Verteidigende, die Initiative. Das Prinzip war: schnelle Bewegung und überraschende Schläge durch Massierung der Kräfte, durch die Napoléon zunächst operative Vorteile gewann. So waren erst einmal Erfolge beim Übergang der Sombre, bei Quatre-Bras und Ligny möglich. Daher konnte Bonaparte den sich schwerfällig, immer noch im Aufbau befindenden operativen Aufbau der Alliierten, der sich auf der » Äußeren Linie« bewegte, ausmanövrieren. Wir erinnern uns, dass Russen und Österreicher zum Zeitpunkt des Beginns der napoléonischen Operation noch einige Tagesmärsche vom Zentrum des Geschehens entfernt waren. Auf Seiten der Alliierten war im Juni 1815 immer noch der verhängnisvolle militärische Geist des überlebten »Ancien Regims« zu erkennen.
Ligny und Quatre-Bras
Napoléon trifft am 15. Juni gegen 3:00 Uhr bei der Nordarmee ein. Dort trifft er Maßregelungen und gibt »Ordre de Bataille«. Marschall Ney übernimmt zwei Korps (44.000 Mann) des linken Flügels. Den rechten mit einem Korps (30.000 Mann) und mit einem Kavalleriekorps führt Marschall Grouchy. Im Zentrum der Angriffsgruppierung folgen drei Korps (54.000 Mann) mit der Kavalleriereserve. Napoléon führt selber bei Ligny.
Am Donnerstag, dem 15. Juni, 04:00 Uhr, forciert Napoléon mit der Nordarmee bei Charleroi an drei Übergängen (Marchiennes, Charleroy, Chatelet) die »Sambre«. Der Fluß stellte mit etwa 20 m Breite ein relativ leicht zu nehmendes Wasserhindernis dar.
General Ziethen gelang es nicht, seine Vorposten zu halten und verlor im hinhaltenden Kampf dabei ein Bataillon. Ney stößt bei Quatre-Bras auf die Briten, Grouchy bei Ligny auf die Preußen. Die Preußen wichen nach Nordosten auf Ligny zurück, um sich dort gegen die Franzosen zu stellen. Blücher hoffte auf die Hilfe Wellingtons. Voraussetzung dafür war, das Quadre-Bras in britischer Hand blieb. Ihnen gegenüber, auf dem linken Flügel, stand Maréchal Ney »Le plus brave des braves«,»Der Tapferste der Tapferen«, wie sein Kaiser ihn mal bezeichnete.
Die Alliierten rechneten erst für den 16. Juni mit Gefechten bei Ligny und bei Quadre-Bras (vier Arme). Ney trifft bald bei Frasnes auf den jungen Herzog von Weimar, der mit etwa 4.000 Nassauern und Niederländern einen weiteren Vormarsch auf Brüssel verzögern konnte. Als Wellington gegen 18:00 die Meldung über einen Generalangriff der Franzosen erhält, befindet er sich immer noch auf dem Ball der Herzogin von Richmond in Brüssel. Erst am 16. Juni gegen 7:00 Uhr in der Früh erreicht Wellington Quadre-Bras.
Bewegung der Nordarmee Napoléons am 15. Juni 1815

Bei Quadre-Bras gelang es Ney nicht, Wellingtons Truppen eine entscheidende taktische Niederlage zuzufügen. Er konnte jedoch verhindern, dass sich die Truppen von Wellington mit denen Blüchers vereinigten. Die Briten gingen kämpfend und geordnet in Richtung Brüssel zurück. Die Straßenkreuzung »Vier Arme« stellte eine operative Schlüsselstellung dar, die den Zugang nach Brüssel hätte decken können. Auf Grund eines Fehlers, verursacht durch das niederländische Korps, kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen diesen und der Sachsen-Weimar-Brigade, die schlussendlich Wellington zum Rückzug zwangen.
In diesen Kämpfen fiel auch General Friedrich Wilhelm von Braunschweig, genannt der »Schwarze Herzog«. Ney war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon ohne Reserven und konnte seinen Gegner nicht verfolgen. Ihm fehlen zu dieser Zeit die 20.000 Mann des Korps Drouet d´Erlon. Diese Truppe wird am 16. Juni sinnlos zwischen den Flügeln des napoléonischen Aufbaus hin und her geschickt, ohne zunächst kämpfend eingreifen zu können. Verursacht durch widersprüchliche Befehle, die d´Erlon nicht oder nicht zeitgerecht erreichten. Später, am 17. Juni in den Morgenstunden, beginnt Wellington, sich von Quadre-Bras auf eine neue Position zurückzuziehen. Der Herzog hatte zuvor den Höhenzug von Mont-St-Jean rekognosziert und diesen für eine Aufstellung zur Verteidigung für vorteilhaft befunden. Dabei setzte er voraus, daß Blücher, wie versprochen, zu ihm stoßen würde.
Gegen 13:00 Uhr, am 16. Juni, treffen Blücher und Wellington an der Windmühle von Bussy zusammen und tauschen sich über die Lage und das weitere Vorgehen aus.
[…] Um 1 Uhr kam der Herzog zum Feldmarschall Blücher bei der Windmühle von Bry an. Der Herzog sagte dem Feldmarschall, daß seine Armee sich in diesem Augenblick bei Quatre-Bras versammle und daß er damit zu einer Hilfe in wenigen Stunden herbeieilen werde; »a quatre heures je serais ici«, sollen seine Worte gewesen sein, indem er dem Pferd die Sporen gab. […]
(Vergl. Carl von Clausewitz: Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 350)
Wellington hatte bis zu diesem Zeitpunkt die Lage nicht real eingeschätzt (nicht gekonnt, oder nicht gewollt?) und sah erst bei Blücher, wie es tatsächlich in operativer Sicht stand. Ein ganzer Tag war de facto verloren gegangen. Er ließ Blücher mit einem Versprechen zurück, das er nicht halten konnte, denn er befürchtete, daß der Feldmarschall sonst zaudern würde. Er nahm aber die Zusicherung des Marschalls mit, ihm selber unter allen Umständen mit wenigstens zwei Korps zur Hilfe zu eilen. Ein Rückzug war für beide Feldherren keine Option. Blücher entschloss sich, die Schlacht um Ligny anzunehmen. Zu verzeichnen ist jedoch, dass Wellington Blücher über seine eigene Lage bei Quatre-Bras und seine tatsächlichen Möglichkeiten im Unklaren ließ. Unklar auch Müffflings Rolle in dieser Causa. Möglicherweise wäre diese Schlacht bei genauer Kenntnis der Lage anders verlaufen.
(Vergl. Friedrich Karl Freiherr v. Müffling, sonst Weiß genannt, »Aus meinem Leben«, Berlin 1851, Mittler & Sohn, S. 233 f.)
Gegen 18:00 Uhr informiert Wellington Blücher, dass er auf der allgemeinen Linie Braine‑L´Alleud — MT.St.-Jean — La Haye Sainte gegen Napoléon kämpfen werde.

16. Juni, der Tag von Ligny
Am 16. Juni, gegen 14:30 Uhr, beginnen die Feindseligkeiten bei Ligny und Qatre-Bras nahezu gleichzeitig. Clausewitz unterscheidet diese Schlacht bei Ligny in drei verschiedene gleichzeitige Akte.
[…] Der Kampf um die Dörfer St. Amand, der Kampf um das Dorf Ligny und die Demonstration gegen das dritte Armeekorps. […]
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 357)
Wir geben hier einen Auszug der Geländebesprechung, formuliert durch den königlich-preußischen General der Infanterie, Ludwig von Reiche, aus dem Jahr 1857, der Teilnehmer an der Schlacht bei Waterloo war.
[…] Was nun das Schlachtfeld … in seiner Ausdehnung betrifft, so sind die Grenzen desselben in folgender Weise zu bezeichnen. Mit der Front nach Südwest dehnt es sich linker Hand von von dem Wanfercéer Grunde zwischen Wanfercée und Baulet auf Fleurus, und von hier längs dem Wege auf Mellet bis zum Kreuzungspunkte der Römerstrasse und der Chaussee von Gosselies nach Genappe aus. Rechter Hand macht die Römerstraße bis zum Kreuzungspunkte derselben und der Namur-Brüsseler Chausee die Grenze. Linker Hand reicht das Schlachtfeld bis zum Wanfercéer Grunde, und von da über Tongrinne bis Point du Jour an der Namur-Brüsseller Chaussee zwischen Sombresse und Boteh Auf der letzten, nördlichen Seite wird es durch die oben genannte Chaussee begrenzt. […]
(Vergl. »Memoiren« des königlich preußischen Generals der Infanterie Ludwig von Reiche, L. v. Weltzien, 2. Teil, 1857, S. 176)
Nach Clausewitz war der erste dieser Akte der blutigste, der zweite der entscheidendste, der dritte unwichtig, aber ein wirksamer Scheinangriff gegen die Franzosen. Blücher konzentriert sich auf die Verteidigung seines Zentrums in und um Ligny. Seine Lage mit der rechten Flanke etwa 10 km ostwärts von Quadre-Bras bei Sombreffe und Ligny. Wellington wird es nicht gelingen, an Blüchers Flanke aufzuschließen, da bei Quadre-Bras gebunden. Der Feldmarschall nimmt die Schlacht gegen Napoléon an, obwohl das 32.000 Mann starke IV. Korps Bülows von Dennewitz noch nicht aufgeschlossen hatte, das aus dem Raum Lüttich im Anmarsch war.
Gegen 17:00 Uhr, 17:30 Uhr fallen die ersten Dörfer vor Ligny – (Wagnelee, St. Armand, La Haye Sainte und Tongrinelle) – an die Franzosen. Ligny – hartnäckig verteidigt – bleibt in Blüchers Hand. Gegen 18:00 Uhr nehmen die Preußen Armand zurück. Von 18:00 Uhr bis 20:30 Uhr greift Napoléons Garde an, drückt die Preußen zurück und durchbricht das preußische Zentrum. Bei einem verzweifelten Gegenangriff – gegen 20:30 Uhr – den Blücher selbst führt, wird der Feldmarschall außer Gefecht gesetzt, stürzt vom Pferd und erleidet schwere Kontusionen. Durch das beherzte Eingreifen August Ludwig Ferdinand Graf von Nostitz´ konnte Blücher geborgen, beschützt und versorgt werden. Die Preußen ziehen sich zum Tagesausgang auf Sombreff zurück. Viele preußische Einheiten konnten in einiger Ordnung das Gefecht abbrechen. Zeitweise übernimmt Gneisenau die Führung der preußischen Truppen. Abends, wieder mit Blücher vereint, bestätigt dieser den Entschluss Gneisenaus, sich wider aller Regeln der Kriegskunst nicht nach Osten ins Rheinland, sondern nach Norden, nach Wavre zu marschieren. Das Ziel war, nicht zuzulassen, dass Bonaparte die Verbündeten nacheinander niederringen konnte. Vorsatz war, Napoléon endgültig zu schlagen. Das bezeichnete Clausewitz als den Enderfolg über den Feind.
[…]…wegen aller dieser natürlichen Verhältnisse des Krieges, sage ich, gibt es nur einen Erfolg, nämlich den Enderfolg. Bis dahin ist nichts entschieden, nichts gewonnen, nichts verloren. Hier ist es, wo man sich unaufhörlich sagen muß: das Ende krönt das Werk. In dieser Vorstellung ist also der Krieg ein unteilbares Ganzes, dessen Glieder (die einzelnen Erfolge) nur Wert haben in Beziehung auf dies Ganze. […]
(Vergl. »Vom Kriege«, Carl von Clausewitz, Verlag MfNV, Berlin 1957, Skizzen zum achten Buche, 3.Kap. A. Innerer Zusammenhang des Krieges, S. 698)
Die Intuition Gneisenaus, das Vertrauen des Feldmarschalls, Moral und Wille der preußischen Bataillone führte zum Linksabmarsch Blüchers Truppen, hin zu Wellingtons linker Flanke und somit letztendlich zum Sieg über Napoléon
General August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von Gneisenau (* 27.10.1760; † 23.8.1831) …

… schildert die Umstände des Treffens bei Ligny und die Besonderheit des Verhältnisses zu Wellington in einem Brief vom 17. Juni 1815 aus Wavre an seine Gattin:
[…] Wir haben gestern eine Schlacht geliefert, die von uns mit einem großen Mißverhältnis gegen die feindlichen Kräfte, das heißt mit etwa 80.000 Mann gegen eine Macht von 120.000 Mann, die Bonaparte gegen uns brachte, zur großen Ehre unserer braven Infanterie bis 9 Uhr abends durchfochten wurde. Da die versprochene Hilfe nicht kam und Mißverstehungen stattgefunden hatten, so waren wir genötigt, den Rückzug anzutreten, um uns mit der Armee des Herzogs von Wellington näher zu vereinigen. Wir gingen 1½ Stunden zurück und haben durch den heutigen kleinen Marsch der britischen Armee uns genähert und wollen eine erneute Schlacht suchen. […]
(Vergl. »Gneisenau Ein Leben in Briefen, Dr. Karl Griewank, Köhler & Amelang /Leipzig, S. 319)
In dieser Schlacht verlieren die Preußen annähernd 12.000, die Franzosen etwa 11.000 Man an Verwundeten und Toten. Gleichzeitig bei Quadre-Bras verliert Wellington 4.700 und Ney 4.300 Männer.
(Vergl.»Die Befreiungskriege in Augenzeugenberichten, E. Kleßmann, dtv, 1973, S. 303)
Im vorherrschende Chaos galten einige Tausend Preußen und Franzosen als vermisst. Nicht wenige nutzten das Schlachtgetümmel, um zu desertieren.
Napoléon konnte bei Ligny keinen entscheidenden Sieg erringen, sondern führte lediglich eine sehr blutige Abnutzungsschlacht ohne operative Wirkung. Blücher war zwar geschlagen, aber nicht vom Schlachtfeld geflohen, sondern stellte über Nacht die Marsch- und Kampfbereitschaft wieder her und konnte so sein Versprechen an Wellington ehrenhaft einlösen.
17.Juni
Nach Mitternacht vom 16. zum 17. räumen die Preußen Sombreffe. In den Abendstunden des 16. bis zum Morgen des 17. ist Napoléon als Feldherr nicht mehr aktiv. Wellington lässt Sir Alexander Gordon – gefallen am 18. bei Waterloo – in den frühen Morgenstunden des 17. den Ausgang des Ringens um Ligny aufklären und kann auf die Preußen hoffen. An dieser Stelle bittet Blücher seinen 2. Generalstabschef Müffling, an Wellington folgende Botschaft zu überbringen:
Wavre, 18. Juni 1815, 10 Uhr vormittags
E.H.ersuche ich namens meiner dem Herzog Wellington zu sagen, daß, so krank ich auch bin, ich mich dennoch an die Spitze meiner Truppen stellen werde, um den rechten Flügel des Feindes sofort anzugreifen, sobald Napoleon etwas gegen den Herzog unternimmt. Sollte der heutige Tag aber ohne einen feindlichen Angriff hingehen, so ist es meine Meinung, daß wir morgen vereint die französische Armee angreifen …
(Vergl. »Blüchers Briefe«, W. Capelle, Insel Verlag Leipzig, 1920, S. 71)
Blücher befiehlt 09:30 Uhr Wavre als Sammelpunkt aller preußischen Truppen, die dann mit dem bülowschen Korps wieder etwa 90.000 Mann haben werden. Wellington teilt am Abend – gegen 20:00 Uhr – Blücher mit, dass er sich Napoléon auf der Linie Braine‑L´Alleud — MT. St.-Jean — La Haye Sainte zur Schlacht stellen wird. Napoléons Avantgarden erreichen um diese Zeit La Belle-Alliance. Die folgenden Vorhutgefechte lassen Bonaparte erkennen, dass Wellington sich hier schlagen wird.
Napoleon beurteilte die Lage am Vormittag des 17. Juni falsch und wähnte den geschlagenen Blücher auf dem Rückzug nach Lüttich.
Grouchy erhält die Ordre, mit drei Korps (33.000 Mann, III. und IV. Korps sowie 1 Kavalleriekorps) Blücher zu verfolgen, jedoch Verbindung zu halten. Gegen 13:00 setzt sich Grouchy ohne Eile in Marsch. Als dieser mit seinem Stab am 18. Juni gegen 11:30 Uhr am Frühstückstisch saß, hörte er den Kanonendoner aus Westen. General Gérard forderte, sofort Napoléon entgegenzueilen. Maréchal Grouchy lehnte entschieden ab und berief sich auf seinen Befehl. Anderslautende Depeschen hatten ihn noch nicht erreicht. Napoléon wird erst mit Beginn des Angriffes auf Houhgoumont Grouchy befehlen, sich in seine Richtung zu bewegen.
[…] Verlieren Sie keinen Augenblick, sich uns zu nähern und sich mit uns zu vereinen, um Bülow zu vernichten, den Sie auf frischer Tat antreffen werden. […]
(Vergl. »Die Befreiungskriege«, R. Friedrich, 4Bde, Bd.4: Der Feldzug von 1815, Mittler & Sohn Berlin 1913, S. 188)
Napoléon erreicht 14:30 Uhr Quadre-Bras. Die hereinbrechenden schweren Regenfälle verhindern, Wellington zu binden, sodass dieser sich auf seine neue Verteidigungslinie zurückziehen kann.
Sonntag 18. Juni 1815, Waterloo, Belle-Alliance
Wellington hatte, so wie an Blücher übermittelt, seine Truppen zum Morgen des 18. Juni bei Mont St. Jean mit etwa 68.000 Mann und 164 Kanonen disloziert. Das Korps des Prinzen von Oranien mit etwa 19.000 Mann stand bei Hal als Deckung der Verbindungswege an der rechten Flanke und zur Schlacht nicht zur Verfügung. Das stellte Wellingtons Rückversicherung dar, falls die Schlacht unglücklich ausgehen sollte. Rechts Lord Hill, im Zentrum der Prinz von Oranien, am linken Flügel General Picton.
Im Rücken des Aufbaus fiel das Gelände sanft ab. Die dort aufgestellten Regimenter waren von den Franzosen nicht einsehbar. Wichtig auch der weiter nördlich an der Straße liegende Wald von Goignes, der für einen Rückzug möglich war. Ein entlang der Front verlaufender Querweg, der mit Hecken bewachsen war, stellte ein Hindernis dar. Das Gelände vor Wellingtons Aufbau, der etwa 5.000 Schritt breit war, zeigte sich durchschnitten, nicht bewaldet, landwirtschaftlich in Nutzung (Getreide auf dem Halm), mit zahlreichen kleinen Gräben. Auf Grund der Niederschläge wurde auf schwerem Boden gefochten.
Mit Beginn der Schlacht verlief Wellingtons Front mit dem rechten Flügel an der Chausee von Nivelles, über das Zentrum hinter la Haye Sainte, zur linken Flanke bei den Höfen Smouhen, Papelotte sowie la Haye.
18.Juni 1815. Der Tag von Waterloo

Napoléon seinerseits konnte annähernd 100.000 Mann versammeln, die eine Linie mit 2.500 Schritt – vor Belle-Allianz – parallel zu Wellingtons stellten. Diese Linie hatte zwei Treffen Infanterie, sowie ein drittes und viertes mit Kavallerie. Dieser demonstrative operative Aufbau Napoléons entsprach nicht einer seiner traditionellen Ideen für eine Schlacht.
[…] Sie ist ganz ungewöhnlich, denn man findet sie in keiner der Bonapartischen Schlachten; sie ist ganz unnütz, denn die Korps müssen sich zum Angriff doch erst wieder in Kolonnen setzen. Anstatt seine Kräfte soviel als möglich zu verbergen, wie jeder tut, und unvermerkt zu nähern, läßt er sich so breit und sytsematisch wie möglich entwickeln, als käme es nur darauf an, ein Schaugericht zu geben. […]
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 382)
Clausewitz lässt sich hier zu einer spöttischen Bemerkung hinreißen und mutmaßt, entweder wollte Bonaparte bei seinen eigenen Leuten Mut erzeugen oder Wellington imponieren. Oder aber sein Geist war nicht mehr im Gleichgewicht.
So zerfällt – nach Clausewitz – die Schlacht in zwei Hauptmomente: 1. in die Verteidigung Wellingtons und 2. in den Flankenangriff Blüchers. Der operativ-taktische Auftritt Napoléons bleibt hierbei ohne Würdigung.
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 383)
Napoléon präzisiert seinen ursprünglichen Plan, um 09:00 Uhr anzugreifen, nachdem er sich selber vom schwer passierbaren Gelände überzeugt hatte. Der Generalangriff sollte nun um 11:00 Uhr beginnen. Wellington selbst hatte seinen operativen Aufbau um 09:00 Uhr beendet und wartete auf den Angriff der Franzosen.
Die Schlacht begann um 11:00 Uhr
Historiker unterteilen in der Regel diese Schlacht in fünf Phasen:
Phase 1 - Napolèons Scheinangriff auf Hougoumont. Diesen mit dem möglichen Ziel, Wellingtons Zentrum zu schwächen, da dieser wahrscheinlich Reserven von dort zum Ort des Geschehens werfen würde.
Phase 2 — Der Angriff des Korps d´Erlon. Dabei erfolgte ein Angriff auf das Zentrum der Gefechtsordnung Wellingtons.
Phase 3 — Kavallerieattacken gegen das britische Zentrum. Maréchal Ney führte erfolglos Kavallerie und Infanterie.
Phase 4 — Erfolgreiche französische Infanterieangriffe. Temporale Raumvorteile auf dem Gefechtsfeld für die Franzosen.
Phase 5 — Kulmitationspunkt der Schlacht. Kampf der Verzweiflung und Abwehr der Preußen. Auflösung des französichen Heeres, Flucht und Verfolgung, Napoléons eklatante Niederlage.
(Vergl. »Das Antlitz des Krieges«, John Keegan, Econ, 1978, S. 145 f.)
Das III. Armeekorps unter Thielemann und Stabschef Clausewitz führte nahezu zeitgleich, abseits der großen Schlacht, einen glücklosen Kampf gegen das von Napoléon entsendete Observationskorps des Maréchals Grouchy. Was einer eigenen Betrachtung im Weiteren bedarf.
Zum Zeitpunkt des Beginns der Schlacht sehen wir Napoléons operativen Aufbau folgendermaßen:
Das Hauptquartier zunächst im Bauernhof Le Caillou entfaltet.
Das Korps von Drouet d´Erlon rechts der Straße, links davon das Korps von Charles Reille.
Das Korps Lobau hinter dem Zentrum in Abhängigkeit eines möglichen Eingreifens Blüchers.
Die Garde in Reserve.
Die Masse der Artillerie (ca. 80 Geschütze), wie damals nach Stand der Kriegswissenschaft opportun, vor dem Zentrum in Hauptschlagrichtung.
Der Kampf um Hougoumont

Die Schlacht beginnt mit dem Kampf um Hougoumont
Gegen 11:30 Uhr (in den Quellen unterschiedlich um 30 Minuten) eröffnen die Franzosen mit drei Artilleriesalven den Kampf. Es folgt ein Artillerieduell der Seiten, das fast eine Stunde dauerte. Danach rückten die Franzosen mit rund 4.000 Mann gegen den Gutshof Hougoumont vor, der von britischen Pionieren zu einer »Festung« ausgebaut worden war. Die Verteidiger, 200 Gardesoldaten, 800 Nassauer und 200 Jäger, zeigten außerordentliches Stehvermögen.
Hougoumont, ein Gebäude-Park-Komplex mit drei unterschiedlich großen ineinander stehenden Rechtecken.

Napoléon hatte das II. Armeekorps unter der Führung des Generals Reille mit der Aufgabe betraut, einen Scheinangriff mit zwei Divisionen (Jérôme und Foy) zu führen. Sein Ziel war es, Wellington zu veranlassen, Truppen aus seinem Zentrum nach dort zu verlegen. Der General Honoré-Charles-Michel-Joseph, Comte Reille, hatte in Spanien gegen Wellington gekämpft und wusste um die Standhaftigkeit der britischen Infanterie. Der erste Angriff Jérômes, des gewesenen Königs von Westphalen, zeigte anfänglich Erfolg. Zeitweise mussten Teile des Waldes beim Hof den Franzosen überlassen werden.
Die nach Zeit und Ziel ursprünglich begrenzte Handlung – so die Planung – war offensichtlich weder von Jérôme noch von Reille verstanden worden.
Nachdem das Gefecht um den Hof eine Stunde gedauert hatte, wurde ein zweiter Angriff mit begrenztem Erfolg – kurzzeitiges Eindringen – geführt. Es folgten Angriff Nummer drei und vier.
Gegen 14:00 Uhr, immer noch tobte der Kampf um Hougoumont. Reille und Jérôme zeigten sich unfähig, die Lage real einzuschätzen und taktische Schlussfolgerungen zu ziehen. Ein fünfter Angriff endete in einem Desaster, als frische Truppen aus dem Zentrum quer über das Schlachtfeld herangeführt, durch britische Artillerie wirksam bekämpft wurden und daraufhin nicht mehr eingreifen konnten. Ein dramatischer Höhepunkt war zu erkennen, als es einer Gruppe Franzosen (ca. 25 Mann) gelang, das Haupttor aufzubrechen und auf den Hof vorzudringen. Im blutigen Nahkampf »mit dem kalten Stahl« gelang es den Briten, das Tor wieder zu schließen und die Eindringlinge niederzumachen.
Zwischenzeitlich, gegen 13:30 Uhr, bestätigt sich Napoléons Beobachtung, dass offensichtlich die Preußen doch ostwärts auftauchen, nachdem ein preußischer Gefangener bestätigt, dass es sich um das IV. Korps unter Bülow handelt. Zuvor hatten preußische Husaren überraschend gegen 12:00 Uhr St. Lambert ca. 3 Meilen westwärts von La-Belle-Alliance erreicht. Napoléons rechte Flanke war offen.
Napoléon wurde klar, dass er Wellington schlagen muss, bevor Blücher auf der Walstatt erschien. Andernfalls würde er die Schlacht abbrechen müssen.
Wellington wurde klar, dass er mit seiner Armee durchhalten muss, bis Blücher an seiner linken Flanke seine Korps entfalten würde.
Gegen 15:00 Uhr verloren Jérôme und sein General offensichtlich die Nerven und begannen, den Hof durch Haubitzen mit Brandgranaten zu beschießen. Nachdem gegen 18:00 Uhr La Haie Sainte zwischenzeitlich gefallen war, erfolgte die achte und letzte erfolglose Attacke der Franzosen.
Die Kämpfe gingen weiter, bis gegen 20:00 Uhr Napoléons Armee zusammenbrach. Hougoumont stellte eine Schlüsselposition der Verteidigung Wellingtons dar. Dieser feste Punkt stellte die rechte Flankensicherung der Briten dar. Operativ taktisch von großer Bedeutung, da hier über 9 Stunden 4.000 Mann rund 13.000 Franzosen in verlustreichen Kämpfen banden. In diesem erbitterten Kampf verloren sowohl die Briten als auch die Franzosen annähernd 3000 Mann an Toten und Verwundeten.
Der Angriff des Korps d´Erlon
Napoléons Plan, das Zentrum Wellingtons durch den Angriff auf Hougoumont zu schwächen, scheiterte fortlaufend. Somit war das Zentrum der Briten nahezu ungeschwächt. Allerdings hatte es eine 30-minütige Kanonade von etwa 80 Kanonen über sich ergehen lassen müssen. Mit klingendem Spiel gingen 13:45 Uhr vier französische Divisionen (33 Bataillone, rund 17.000 Mann) gegen die Briten vor und durchschritten die Bodensenke, die die Linien mit 700 m voneinander trennten.

Einige Vorposten der Briten fielen, u. a. auch Papelotte. Um La Haye Sainte entwickelte sich ein hartes Gefecht, das lange fortdauerte.
Auf La Haye Sainte, wenige hundert Meter vor der britischen Linie und in der Hauptschlagrichtung Napoléons gelegen, erfolgte 13:30 Uhr der erste von drei Angriffen.
La Haye Sainte

Die Verteidigungsfähigkeit des Meyerhofes war durch Provisorien gekennzeichnet. Durch rund 400 Männer, der Kings German Legion (KGL), wurde über Nacht der Hof mit wenigen Hilfsmitteln zur Verteidigung ausgebaut. Es entwickelten sich bis gegen 18:30 Uhr angespannte Kämpfe um diesen Hof, der aber letztendlich von den Franzosen eingenommen wurde. Mangels Munition und nach aussichtslosem Kampf mit dem »kalten Stahl« zogen sich die Reste der KGL zurück. Die Verluste waren sehr hoch. Alleine die KGL unter Führung von Major Georg Freiherr von Baring (*1773; †1848) verlor von 400 Männern etwa 350.
In Wellingtons Hauptanstrengung konnte eine holländisch-belgische Brigade dem Druck der Angriffskolonnen und dem Artilleriebeschuss nicht standhalten und wich – in Unordnung geraten – zurück. Ein von General Pictons Infanterie geführter Gegenangriff ebnete der britischen Kavallerie das Feld. Hier wurde meisterhaft das taktische »Prinzip des Kampfes mit verbunden Waffen« erfolgreich durchgesetzt.
Ein Gegenangriff – gegen 14:00 Uhr – mit zwei Brigaden britischer Kavallerie unter dem Earl of Uxbridge — stellte die alte Lage wieder her. Die Franzosen retirierten. Legendär die Attacken der Royal Dragoons, der Inniskilling Dragoons und der Scots Greys, die später 1881 in einem monumentalen Schlachtengemälde dargestellt wurde.

Kavallerieattacken gegen das britische Zentrum
Gegen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr wurde eine Reihe von Kavallerieattacken gegen das britische Zentrum geführt. Da Napoléon zu dieser Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich führte, kam es zu einer Fehlinterpretation der Lage durch Ney. Wellington zog seine Linie aus der Reichweite der französischen Artillerie zurück. Ney meinte hingegen, Wellington würde das Gefecht abbrechen wollen. Was Ney nicht wusste, Wellington dislozierte einen Teil seiner Truppen an einem Hinterhang, den die Franzosen nicht einsehen konnten. Mehrfach hintereinander ließ er die schwere französische Kavallerie mit etwa 4.400 Mann ohne Infanterie und Artillerieunterstützung angreifen. 22 britischen Karrees mit rund 13.000 Mann hielten jedoch stand und schlugen somit die Angriffe ab.
Erfolgreiche französische Infanterieangriffe
Die folgende relativ kurze Phase der Schlacht wurde nunmehr hauptsächlich durch mehr oder weniger erfolgreiche Angriffe der französischen Infanterie beherrscht. Die Wucht der französischen Angriffskolonnen war beeindruckend. Durch den Fall von La Haie Sainte war die britische Linie im Zentrum außerdem stark geschwächt worden. Ney stand praktisch vor einem Durchbruch der Verteidigung Wellingtons. Seine Forderung nach dem Einsatz der »Alten Garde« wurde von Napoléon zunächst abgewiesen. Er wollte sie gegen die Korps von Bülow und Pirch zum Einsatz bringen, um seine rechte Flanke zu decken.
Inzwischen, es ist etwa 15:00 Uhr, treten die preußischen Korps unter Ziehten, Bülow und Pirch in die Schlacht ein. Blücher hatte seine Armee seit den frühen Morgenstunden, von Wavre kommend, wie Wellington zugesagt, in Richtung der Position der Briten marschieren lassen. Bei Clausewitz lesen wir, dass unerwartete Friktionen, ein Brand in Wavre, mehrere Defilees, schlechte Wege und notwendiges wiederholtes Sammeln, zu einer Verzögerung von zwei Stunden geführt hatten. Diese Zeit, die praktisch verloren war, kompensierte Bülow mit seinem IV. Korps durch einen Eilmarsch in Richtung des Schlachtenlärms.

An der Hauptverteidigungslinie:
Das stundenlange Anrennen und der intensive Beschuss mit der Artillerie hatte die Verteidigung Wellingtons stark geschwächt. Das war der legendäre Zeitpunkt, als Wellington geäußert haben soll, »Nacht oder die Preußen«. Napoléon versucht alles, um die Moral der Truppe hochzuhalten und lässt verbreiten, dass Grouchy in Anmarsch sei, wohl wissentlich, dass das nicht der Wahrheit entsprach. Bonaparte stand auf Grund der Lage vor der Entscheidung, die Schlacht abzubrechen oder alles auf eine Karte zu setzen. Gegen
19:30 Uhr gibt Napoléon den finalen Befehl zum Angriff der »Alten Garde«, die unter »Le pas de Charge« und »Pas Cadencé« mit neun Bataillonen auf das Zentrum Wellingtons marschierten. Flankierend schoben sich die verbliebenen Truppenteile der Infanterie und Kavallerie noch einmal auf die britischen Truppen zu.
(Vergl. »Napoleons Hundert Tage«, G. Müchler, Theiss, 2014, S. 220)
Die Armee Wellingtons biwakierte, nachdem der Schlachtenlärm verklungen war, direkt auf der Walstatt.
(Vergl. »Waterloo Napoleons letzte Schlacht«, J. Willms, C.H. Beck, 2015, S. 229)
Gneisenau übernahm die Verfolgung der fliehenden Franzosen. Darüber hatten sich Wellington und Blücher geeinigt, nachdem diese gegen 21:30 Uhr auf der Straße nach Brüssel zwischen Rossomme und La Belle-Alliance zusammentrafen. Blücher befahl ihm in diesem Zusammenhang, die Verfolgung solle »bis zum letzten Hauch von Mann und Roß« geführt werden. Gneisenau dazu in seinem Bericht zur Schlacht:
[…] Es war 9½ Uhr. Der Feldmarschall versammelte jetzt die höheren Offiziere und befahl, daß der letzte Hauch von Mensch und Pferd zur Verfolgung aufgeboten werden sollte. […]
(Vergl. »August Wilhelm Anton Neidhardt von Gneisenau« Ausgewählte militärische Schriften, Förster & Gudzent, MV DDR, Berlin 1984, S. 349)
Gneisenau führt seine Truppen, ungeachtet der Strapazen der letzten drei Tage, in einer unerbittlichen nächtlichen Jagd auf die flüchtenden Franzosen, die erst bei Charleroi endet. Dabei machten die Preußen reiche Beute, Napoléons Kriegskasse, sein Hut und Säbel, Orden und Diamanten werden Blücher übergeben. Darüber berichtete Blücher seiner Frau am 20. Juni 1815 aus Gosselies bei Charleroi :
[…] Unser Sieg ist der vollkommenste, der je erfochten ist. Napoleon ist in der Nacht ohne Hut und Degen entwischt; seinen Hut und Degen schicke ich heute am König; sein überaus reicher Staatsmantel, sein Wagen sind in meinen Händen, auch sein Perspektiv, wodurch er uns am Schlachttage besehen, besitze ich. … Seine Juwelen und alle seine Preziosen sind unseren braven Truppen zur Beute geworden, von seine Equipage ist ihm nichts geblieben; mancher Soldat hat 5 – 6000 Taler Beute gemacht. […]
(Vergl. »Blüchers Briefe«, W. Capelle, Insel Verlag Leipzig, 1920, S. 71)
Es zeugt von der preußischen Disziplin, dass diese Trophäen nicht im Dunkel des Siegestaumel verschwanden.
Das Treffen von Wellington und Blücher nach der Schlacht.

Marschall Grouchy näherte sich mit seinem 33.000 Mann starken Korps, war am 18. Juni gegen 15:00 Uhr in Sichtweite Thielemanns gerückt und hatte diesen unverzügilch angegriffen. Thielemann musste sich verteidigen. Der Befehl Napoléons, zur Armee aufzuschließen, erreichte Grouchy erst gegen 18:00 Uhr. Die Lage zu dieser Zeit war für beide Seiten außerordentlich unklar. Aufklärungsergebnisse und Informationen widersprachen sich.
(Vergl.»Die Schlacht Waterloo 1815« K.J. Bremm, WBG, 2015, S. 157, dort zitiert nach Hamilton-Williams)
Es ist die Tragik dieser Geschichte, dass Oberst Carl von Clausewitz als Stabschef Thielemanns in diese Affaire verwickelt war, was seinen Avancen erneut nicht dienlich war.

Thieleman spekulierte wohl, daß Grouchy, so wie er selbst, über den Ausgang der Schlacht bei La-Belle-Alliance informiert war und daher sein Gefecht abbrechen würde, um sich
zurückzuziehen. Dem war nicht so. Unablässig bedrängten Grouchys Truppen, die schon an Kavallerie (5.000) die Preußen (2.000) überwogen. Clausewitz formuliert in seiner Abhandlung über den Feldzug von 1815:
[…] Der Feind drängte immerfort, General Thielemann mußte sich entschließen, weiter zurück zu gehen, und endlich seinen allgemeinen Rückzug antreten. General Thielemann zog sich in Richtung auf Löwen bis nach St. Achtenrode drei Stunden vom Schlachtfeld zurück und büßte nichts als ein paar tausend Tote und Verwundete. […]
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 394 f.)
Mit diesem räumlichen und zeitlichen Abstand verlor Thielemann die »Tuchfühlung« zu seinem Gegner Grouchy und gestatte diesem, sich mit 25.000 Mann in glänzender Manier zu lösen und erfolgreich bis Paris zu retirieren. Das stellte am Rande dieser napoléonischen Niederlage eine operative Glanzleistung dar. Stefan Zweig in »Sternstunden der Menschheit«:
[…] Und gerade in jener Stunde nach seiner versäumten Sekunde zeigt Grouchy – nun zu spät – seine ganze militärische Kraft. Alle seine großen Tugenden, Besonnenheit, Tüchtigkeit, Umsicht und Gewissenhaftigkeit werden klar, seit er wieder sich selbst vertraut und nicht mehr geschriebenem Befehl. Von fünffacher Übermacht umstellt, führt er – eine meisterhafte taktische Leistung – mitten durch die Feinde seine Truppen zurück, ohne eine Kanone, ohne einen Mann zu verlieren, und rettet Frankreich, rettet dem Kaiserreich sein letztes Heer. […]
(Vergl. Stefan Zweig, »Sternstunden der Menschheit«, Deutscher Bücherbund, »Rücksturz ins Tägliche«, S. 200)
Thielemanns Rückzug aber war schon bald nach der Schlacht in der Kritik. Man wunderte sich, dass dieses Manöver überhaupt stattgefunden hatte.
Der General Reiche schildert in seinen Memoiren das folgendermaßen:
[…] Ich konnte nicht widerstehen, den General Thielemann bei Gelegenheit zu veranlassen, sich über diesen Umstand näher zu äußern. Das Geschehene konnte er natürlich nicht in Abrede stellen, schob aber die meiste Schuld auf den damaligen Oberst C.……z, seinen Chef des Generalstabes, indem er behauptete, daß derselbe immer sehr schwarz gesehen und in dem vorliegenden Falle nicht eher geruht, bis er eine geeignete Stellung gefunden habe, das weitere Nachdringen des Feindes abwarten zu können. […]
(Vergl. »Memoiren« des königlichen preußischen Generals der Infanterie Ludwig von Reiche, Hg. L. von Weltzien, zweiter Teil 1814 bis 1855, Brockhaus Leipzig 1857, S. 224)
Korpschef Thielemann stellte seinem Stabschef zunächst unter dem 31.08.1815 ein gutes Zeugnis aus:
[…] Er füllt seinen Posten mit großer Auszeichnung, ist ein Mann von ebensoviel Geist als moralischem Wert und steht im Generalstab ganz an seinem Platze. […]
(Vergl. Priesdorff, Führertum, Bd. 5, S. 68)
Thielmanns späteres Nachtreten beim General Reiche ist so unsachlich wie unfair und eines Kommandierenden unwürdig. Jeder höher ausgebildete Militär wird bestätigen, dass die Verantwortung für einen Entschluss immer beim Kommandierenden liegt, der die Entschlussvorlagen seines Stabschefs entweder annimmt, gegebenenfalls korrigieren oder – wenn notwendig – verwerfen muss. Seine Vorschläge wird Clausewitz mit hoher Sicherheit operativ-taktisch erläutert und begründet haben. Zumal der spätere »Kriegsphilosoph« einer standhaften Verteidigung immer eine herausragende Rolle beigemessen hatte. So wie auch zu erkennen ist in seiner Kritik des Russland-Feldzuges von 1812. Davon konnte Thielmann sich nicht im Nachhinein lossagen. Jedoch musste diese Meinung Thielmanns, dem König zu Ohre kommend, ein neuer Baustein des Misstrauens werden. Ein erneuter wiederholter Versuch, ein Kommando über eine Truppe zu bekommen, wurde königlich abgewiesen. So hieß es in einer Ablehnung des Königs Friedrich Wilhelm III.:
[…] Ich kann Ihr Gesuch vom 1. dieses, Sie in der Linieninfanterie wieder anzustellen, jetzt nicht erfüllen, bin aber überzeugt, daß Sie jeden Posten, welchen ich ihnen übertrage, zu meiner Zufriedenheit ausfüllen werden, und ermahne Sie daher, der Ihnen gegebenen Bestimmung mit Zuversicht auf ihren Eifer für den Dienst entgegen zu gehen. […]
(Vergl. Priesdorf, Führertum, Bd.5, S. 68)
Ablehnung, Lob und vorauseilende misstrauische Mahnung, … der Preußenkönig war ein seltsamer »Pädagoge«. Clausewitz wird bis zu seinem Tode damit leben müssen.
Nach der Schlacht
In der Nacht zum 19. Juni überquerte Napoléon die Grenze nach Frankreich und erreichte am 21. Juni gegen 09:00 Uhr Paris. Alle Versuche Bonapartes, wie nach dem Desaster von 1812 wieder Fuß zu fassen, scheiterten. Am 3. Juli kapitulierte Paris. Am 8. Juli saß der dicke Ludwig XVIII wieder auf seinem Thron. Am 31. Juli sticht die Northumberland (ein 74-Kanonen-Schiff dritter Klasse) mit Napoléon an Bord in See. Das Ziel ist Sankt-Helena. Er wird begleitet von 51 Personen, darunter Oberhofmarschall Bertrand, der schon auf Elba bei ihm war.
Maréchal Michel Ney, der »Herzog von Elchingen und Fürst von der Moskwa«, wurde im August festgenommen und wartete mit der Häftlingsnummer 1428 auf seinen Prozeß. Der Verschwörung für schuldig befunden, wurde der »Tapferste der Tapferen« am 7. Dezember 1815 hingerichtet. Mit ihm starb La Bédoyére, jener Offizier, der sich in Grenoble mit seinem ganzen Regiment Napoléon angeschlossen hatte. Auch die Generäle Chartrand und Mouton-Duvernet standen vor einem Peloton.
Die Opfer
Arthur Wellesley, 1. Duke of Wellington, soll gesagt haben:
»Fast so groß wie das Elend einer verlorenen Schlacht ist das Elend nach einer gewonnenen Schlacht« oder ?
»Das größte Unglück ist eine verlorene Schlacht, das zweitgrößte eine gewonnene«
[…] An einem Ort, rechts von La Haie Sainte, lagen die französichen Kürassiere buchstäblich auf einem Stapel übereinander; viele unverletzte Soldaten lagen unter ihren Pferden; andere waren schrecklich verwundet, oft weil ihre Pferde auf ihren geschundenen Körpern wüteten. Der Anblick war entsetzlich … Auf dem ganzen Feld sah man Offiziere und viele Soldaten, …; sie beugten sich über ihre toten und sterbenden Brüder oder Kameraden und weinten. […]
Der englische Chirurg Carles Bell begann am 19. Juni um 6:00 Uhr zu operieren und arbeitete bis sieben Uhr abends, und das drei Tage hintereinander.
[…] Alle Regeln einer anständigen chirurgischen Operation wurden schon bald über den Haufen geworfen. Während ich einem Mann den Schenkel amputierte, lagen zu einer Zeit dreizehn weitere da und flehten mich an, als Nächster dran zu kommen; einer beschwor mich, einer rief mir zu, ich solle mich an mein Versprechen erinnern, ihn als Nächsten zu behandeln, der andere verfluchte mich. Meine Kleidung war steif vor Blut, und meine Arme waren kraftlos von der Anstrengung, das Messer zu benutzen. […]
Als die Nacht des 18. Juni anbrach, lagen vermutlich 12.000 Leichen auf dem Schlachtfeld und zwischen 30.000 und 40.000 Verwundete. Ein Besucher des Schlachtfeldes sah zehn Tage nach dem Kampf die Scheiterhaufen bei Hougoumont brennen.
[…] Die Scheiterhaufen haben acht Tage lang gebrannt, und so lange hatte sich das Feuer nur von menschlichem Fett genährt. Schenkel, Arme und Beine lagen in Haufen, und etwa fünfzig Arbeiter, Taschentücher vor dem Mund, schürten das Feuer und die Knochen mit Mistgabeln. […]
(Vergl. in »Waterloo eine Schlacht verändert Europa« von Bernard Cornwell, Verlag Wunderlich, 2015, S. 421 ff.)
Kamerad Pferd – »Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! Ins Feld, in die Freiheit gezogen!« Friedrich Schiller — Reiterlied
Mehr als 10.000 dieser treuen Tiere, die den Soldaten beider Seiten dienten, lagen tot oder verletzt auf dem Feld der gewesenen Schlacht.
Der englische Artilleriehauptmann Cavalié Mercer schildert in seinem Tagebuch:
[…] Auch Pferde baten um unser Mitleid — sanft, geduldig, ausdauernd. Manche lagen auf dem Boden mit heraushängenden Eingeweiden und lebten dennoch. Diese versuchten gelegentlich aufzustehen, doch fielen sie wie ihre menschlichen Leidensgefährten schnell wieder zurück, hoben die armen Köpfe, blickten sehnsüchtig zur Seite, legten sich ruhig wieder hin, um das Ganze dann zu wiederholen, bis ihre Kraft gewichen war, dann schlossen sie sanft die Augen, und ein kurzer konvulsivischer Kampf endete ihre Leiden. […]
(Vergl. »Befreiungskriege in Augenzeugenberichten«, E. Kleßmann dtv, 1973, Waterloo, S. 318 bis 319)
Ein Fazit
Clausewitz analysiert die Schlacht in seiner Betrachtung über den Feldzug 1815 im § 48 sehr ausführlich. Er beurteilt die Handlungen von Bonaparte, die Verbündeten und das Gefecht bei Wavre. Er betrachtet den Sieg in dieser Schlacht als […] eine eigene Klasse von Größen .…, die nur aus besonderen Verhältnissen hervorgehen und zu Resultaten größerer Art führen. […]
Folgende Ursachen für diesen Sieg der Alliierten sieht Clausewitz:
1. Die Anstrengung der französischen Armee und die Verwendung (Opferung) aller Reserven, als der Sieg schon unwahrscheinlich war.
2. Die hereinbrechende Nacht, die die Führung teilweise unmöglich machte. 3. Die umfassende Form des preußischen Angriffs. 4. Die große Überlegenheit der Verbündeten. 5. Die große Energie im Verfolgen. 6. Der Einfluss aller politischen Elemente, die jeden Krieg durchdringen.
[…] Und die ganze Größe des Sieges konnten die beiden verbündeten Feldherren schon am Tag nach der Schlacht deutlich übersehen, denn eine Siegestrophäe , die aus 240 Geschützen, deren ganzen Park und dem ganzen Feldgerät des obersten Feldherren zusammengebaut ist, läßt nichts zu wünschen übrig und ist das untrügliche Zeichen eines zugrunde gerichteten, ganz aus dem Felde vertriebenen Heeres. […]
(Vergl. Carl von Clausewitz Sämtliche Schriften »Vom Kriege«, Strategische Übersicht des Feldzuges von 1815, W. von Seydlitz, Mundus, 1999, S. 420 bis 424 f.)
Somit kann abschließend Folgendes gesagt werden:
Trotz deutlicher Überlegenheit und Qualität seiner Truppen konnte Napoléon Wellington nicht schlagen. Auf das Wort Blüchers vertrauend, nahm der Herzog die Schlacht an und zeigte Stehvermögen bis zum Eintritt Blüchers in die Schlacht. Napoléon verzögerte seinen Eintritt in die Schlacht durch eine Reihe schwerwiegender Fehleinschätzungen. Seine Beurteilung der Gesamtlage, Blüchers Armee betreffend, war ein kapitaler Fehler. Seine temporäre Abwesenheit von seinem Beobachtungspunkt wirkte kontraproduktiv. Grouchys »Wanderung« verursachte das Fehlen einer notwendigen Reserve im entscheidenden Moment der Schlacht. Gneisenaus konsequente Verfolgung der Franzosen in der Nacht bis Charleroi vollendete die Auflösung der geschlagenen Armee Napoléons.
Die Frage nach dem Sieger lässt sich mit einem Satz wie folgt zusammenfassen:
Wellington und Blücher können gleichermaßen den Sieg für sich und für ihre Truppen zusammen beanspruchen.
In der Literatur wird an vielen Stellen unterstellt und wohl auch belegt, dass der Herzog die Rolle Preußens abgewertet hatte. Maßgebend aus Sicht des Autors ist jedoch der offizielle Bericht Wellingtons an den britischen Kriegsminister.
Wellingtons Bericht vom 19. Juni 1815 an den Kriegsminister 3. Earl Bathurst (*1765; †1841)
(Vergl. https://www.waterloo1815.de/page-11)