III. Militärtheoretische Grundlagen
Übersicht über die Truppenstärken beider Seiten, die in der Schlacht am 18. Juni gefochten haben.
(Zahlenangaben nach Rudolf Friedrich, Der Feldzug 1815, Bd.4 S. 72 ff., 95 ff., die sich auf den Zeitpunkt des Beginns der Schlacht am 18. Juni beziehen. Diese Angaben sind mit den Zahlen bei Clausewitz nicht immer kongruent)
Die Armee Napoléons:
Befehlshaber – Napoléon Bonaparte, Kaiser der Franzosen;
72.000 Mann Infanterie, Kavallerie und 246 Kanonen;
Die Mehrheit der französischen Truppen waren erfahrene, gut ausgebildete und motivierte Soldaten, die von bewährten Führern befehligt wurden. Artillerie und Kavallerie zählten zu den besten bei Waterloo.
»Garde Impériale« (Gardekorps):Unter Maréchal Mortier, Herzog von Treviso (*1768; †1835) bis zum 14. Juni, danach Géneral de division Comte Drout (*1774; †1847);
15 Bataillone »Alte Garde«, 8 Bataillone »Junge Garde«, drei Regimenter schwere Kavallerie,
Zwei Regimenter leichte Kavallerie;
Vier Batterien reitende Artillerie, neun Fußbatterien.
Insgesamt 20.755 Mann mit 96 Kanonen.
I.Korps
Unter Général Graf Drouet d´Erlon (*1765; †1844);
Vier Infanteriedivisionen mit 33 Bataillonen, eine Kavalleriedivision mit 15 Eskadronen, ein Artilleriekorps mit einer reitenden und vier Fußbatterien sowie fünf Geniekompanien.
Insgesamt 20.731 Mann mit 46 Kanonen.
II. Korps
Unter Général Graf Reille (*1775; †1860)
Vier Infanteriedivisionen mit 41 Bataillonen, eine Kavalleriedivision mit 15 Eskadronen, ein Artilleriekorps mit einer reitenden und fünf Fußbatterien, fünf Geniekompanien.
Insgesamt 25.179 Mann mit 46 Kanonen.
VI. Korps
Unter Général Graf Mouton von Lobau (*1770; †1838)
Drei Infanteriedivisionen mit 20 Bataillonen, ein Artilleriekorps mit einer reitenden und vier Fußbatterien.
Insgesamt 10.821 Mann mit 38 Kanonen.
V. Korps (Kavalleriereserve)
Das Korps war Napoléon direkt unterstellt.
II. Kavalleriekorps mit 31 Eskadronen und zwei reitenden Artilleriebatterien mit 3.900 Mann;
III. Kavalleriekorps mit 25 Eskadronen und zwei reitenden Artilleriebatterien mit 3.800 Mann;
IV. Kavalleriekorps mit 24 Eskadronen und zwei reitenden Artilleriebatterien mit je 3.100 Mann.
Insgesamt 13.900 Mann mit 28 Kanonen.
Die meisten französischen Generäle waren im mittleren Alter – zwischen 46 und 49 Jahren – und hatten wenigstens 20 Feldzüge unter Napoléon mitgemacht.
Der General Comte Louis Bourmont lief am Vorabend der Begegnung bei Ligny mit seinem gesamte Stab zum I. preußischen Korps unter Ziethen über. Blücher empfing den Deserteur nicht und soll bemerkt haben »Hundsfott ist Hundsfott«.
Die Armee Wellingtons
Heerführer Duke von Wellington.
Mit 68.000 Mann und 164 Kanonen.
Lediglich 23.000 kampferprobte Briten. 11.400 Hannoveraner und andere Deutsche von unterschiedlichem Kampfwert. Außerdem 9.600 Niederländer sowie 4.200 Belgier.
I. Korps
Unter Wilhelm Prinz von Oranien und Nassau (*1792; †1849)
Zwei britische und zwei niederländische Infanteriedivisionen, mit 28.000 Mann und 64 Kanonen.
II. Korps
Unter General Lord Hill (*1772; †1842)
Zwei britische Infanteriedivisionen, eine belgisch/niederländische Infanteriedivision mit 23.500 Mann und 40 Kanonen.
Kavalleriekorps
Wellington direkt unterstellt, unter 2. Earl of Uxbridge (*1768; †1854)
8.400 Pferde und 36 Geschütze,
Reservekorps
Wellington direkt unterstellt
Zwei Infanteriedivisionen (Picton), Reserveartillerie, Braunschweigisches Korps, Hannoversches Reservekorps mit 23.000 Mann und 64 Kanonen.
Preußen
Heerführer Feldmarschall Fürst Blücher mit dem Chef des Stabes, General von Gneisenau.
Die Truppen bestehen überwiegend aus Landwehr, die diszipliniert und motiviert kämpften. Die Truppenführer waren in den Feldzügen 1813 und 1814 bewährte Offiziere.
I. Korps
Unter General Zieten (*1770; †1848)
Vier Brigaden mit 34 Infanteriebataillonen, acht Eskadronen Kavallerie und 40 Geschütze;
Reserve Kavallerie mit 24 Eskadronen und 8 Kanonen;
Reserve Artillerie mit 40 Kanonen.
Mit insgesamt 33.000 Mann.
II. Korps
Unter General Pirch (*1763; †1838)
Vier Brigaden mit 36 Infanteriebataillonen, acht Eskadronen Kavallerie, 32 Kanonen;
Reserve Kavallerie mit 28 Eskadronen und acht Kanonen;
Reserve Artillerie mit 40 Kanonen.
Mit insgesamt 30.000 Mann.
IV. Korps
Unter General Bülow von Dennewitz (*1755; †1816)
Vier Brigaden mit 36 Infanteriebataillonen, acht Eskadronen Kavallerie, 32 Kanonen;
Reservekavallerie unter Prinz Wilhelm mit 35 Eskadronen Kavallerie und 16 Kanonen;
Reserveartillerie mit 40 Kanonen.
Mit insgesamt 30.000 Mann.
Operation im Raum Wavre um den 18. Juni 1815
Napoléons Observationskorps
Unter General Emmanuel de Grouchy (*1766; †1847)
III. Korps
Unter General Graf Vandamme (*1770; †1830)
Drei Infanteriedivisionen mit insgesamt 31 Bataillonen;
Eine Kavalleriedivision mit 12 Eskadronen;
Ein Artilleriekorps mit elf reitenden und vier Fuß-Batterien;
Drei Geniekompanien.
Mit insgesamt 18.105 Mann und 38 Kanonen.
IV. Korps
Unter General Graf Gerard (*1773; †1852)
Drei Infanteriedivisionen mit insgesamt 26 Bataillonen;
Eine Kavalleriebrigade mit sechs Eskadronen;
Ein Artillerie Korps mit einer reitenden und vier Fuß-Batterien;
Vier Geniekompanien.
Mit insgesamt 15.000 Mann mit 38 Kanonen.
I. Kavalleriekorps
mit 24 Eskadronen und zwei reitenden Artilleriebatterien.
Mit insgesamt 2.800 Mann.
Arrièregarde der Armee Blüchers
Unter General Thielemann (*1765; †1824) mit Chef des Stabes, General Carl von Clausewitz (*1780; †1831)
30 Infanteriebataillone;
38 Eskadronen Kavallerie mit einer reitenden Artilleriebatterie (acht Kanonen);
Artilleriereserve mit 24 Kanonen.
Mit insgesamt 23.000 Mann.
Bewährung des neuen preußischen Generalstabes im Jahr 1815
»Um alles in der Welt, nur keine unpraktischen Leute des Generalstabes im Kriege«
(Vergl. Tradition und Reform im militärischen Bildungswesen: Von der preußischen Allgemeinen Kriegsschule zur Führungsakademie der Bundeswehr. Eine Dokumentation 1810 – 1985, D. Bald,Verlag: Nomos-Verl.-Ges.,)
Die hier durch uns dargestellten Operationen der preußischen Armee unter der Führung von Blücher und Gneisenau stellen die erfolgreiche Entwicklung der Stäbe und des Generalstabes nach der preußischen Militärreform nach 1808 dar. Dieser Prozess dokumentiert sich über die Feldzüge der Jahre 1813, 1814 bis 1815.
Erfolgsfaktoren waren:
— Enthusiasmus und Moral der Truppen;
— Exzellente Führerpersönlichkeiten wie Scharnhorst, Gneisenau, Grolman, Clausewitz;
— Effektive Stäbe in den Truppenkörpern, respektive Generalstab.
Etappen dieser Entwicklung waren:
— Der »Generalquartiermeisterstab« unter Friedrich II., der hauptsächlich ingenieurtechnische Zuarbeit leistete;
— Die Reformen des Generalstabes unter Friedrich Wilhelm II, wirksam geworden in den Koalitionskriegen 1787 bis 1792;
— Fortführung der Reformen unter Friedrich Wilhelm III. 1798 bis 1807;
— Neuorganisation des Generalstabes unter Scharnhorst 1807 bis 1813;
— Wirkung des Generalstabes in den Befreiungskriegen 1813 bis 1815.
Die im Juli 1801 in Berlin durch Scharnhorst gegründete »Militärische Gesellschaft« versammelte eine Avantgarde junger Offiziere, wie Clausewitz, von Boyen, von Grolman, Rühle von Lilienstern, u. a., die sich als Schule des Geistes und des Charakters darstellte. Hier wurde der »Esprit de Corps« der Stäbe der preußischen Armee der Jahre 1813 bis 1815 geboren.
Nach Clausewitz sollte ein Generalstabsoffizier folgende Fähigkeit entwickeln können:
[…] … die Ideen des kommandierenden Generals in Befehle umzuschaffen, nicht nur, indem er sie den Truppen mitteilt, sondern vielmehr, indem er alle Detailgegenstände bearbeitet und den General selbst dieser unfruchtbaren Mühen enthebt. […]
(Vergl. Großer Generalstab: Das preußische Heer der Befreiungskriege, 2. Bd., 1813, Mittler & Sohn, Bln. 1914, S. )
Der »Generalquartiermeisterstabsoffizier« Ludwig Le Cog (*1757; †1829) arbeitete 1801 eine Instruktion für Offiziere des Stabes aus, die 1802 durch Oberst Fabian von Massenbach (*1759; †1819) in Denkschriften erweitert wurden. Nach dessen Vorstellungen sollte ein ständiger Generalstab der Armee schon in Friedenszeiten eingerichtet werden, der selbständig arbeiten sollte. Der König Friedrich Wilhelm III. befahl daraufhin die Neuorganisation der Stäbe.
Scharnhorst stieß auf dem Rückzug – von Jena & Auerstedt – 1806 auf Blücher, bei dem er den ganzen Rückzug über den Harz bis nach Mecklenburg als Berater Dienst tat.
[…] Die militärische Ehe zwischen Blücher und Scharnhorst bot in der preußischen Heeresgeschichte das erste Beispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken zwischen einem mit angeborenen soldatischen Talenten begabten, hohen militärischen Führer und einem wissenschaftlich geschulten, geistig hochstehenden Stabschef. […]
(Vergl. »Kleine Geschichte des deutschen Generalstabes«, W. Görlitz, Haude & Spenersche, Berlin 1977, S.33)
Eine der bedeutenden organisatorischen Maßregelungen Scharnhorsts war die Gliederung des Friedensheeres in Divisionen (Brigaden) und gemischte Verbände aus allen Waffengattungen. Hier wurde bereits das »Prinzip der verbundenen Waffen« gedacht und in den späteren Feldzügen erfolgreich angewandt. Im Zuge dessen wurde ein Kriegs-Departement, später Kriegsministerium eingerichtet.

Eine ähnliche Denkweise war in der französischen Armee zu verzeichnen.
Das Kriegs-Departement bestand aus drei Abteilungen, die Divisionen genannt wurden. Scharnhorst selber behielt sich neben dessen Leitung die 2. Division, den Generalstab, vor. Ab 1810 fungierte in Scharnhorsts Stab Clausewitz als Leiter seines Büros. Gneisenau und Boyen taten ebenfalls dort Dienst. Nach dem tragischen Ableben Scharnhorsts im Jahr 1813 folgte Gneisenau und wurde Blüchers Generalstabschef. In dieser Funktion sehen wir Gneisenau im Feldzug des Jahres 1815, sowie Clausewitz als Stabschef des II. Armeekorps.
Im Feldzug 1815 gliederte sich der Generalstab der Armee, den Korps und in den Brigaden in fünf Sektionen:
— Sektion 1, ein Offizier vom Generalstab;
— Sektion 2, ein Brigade-Adjutant;
— Sektion 3, ein Brigade-Auditeur (Richter);
— Sektion 4, ein Kriegskommissar;
— Sektion 5, der Kommandeur der Batterie, der den Einsatz der Artillerie zu regeln hatte.
Die durch Scharnhorst und Gneisenau entwickelte und angelegte Struktur der Befehle beinhaltete:
— Angaben des Hauptzweckes eines Gefechts;
— Gefechtseinteilung der Truppen;
— Besonderheiten;
— Zusammenwirken der einzelnen Truppenkörper;
— Richtung der Hauptanstrengungen im Angriff, in der Verteidigung, im Einsatz der Reserven;
— Einsatz der Kavallerie-Reserve;
— Verwendung der Artilleriereserve;
— Platz des Kommandierenden;
— Platz der Bagage und Umgang mit den Verwundeten;
— Platz der Munitionsreserven;
— Stellung des Feindes, Absichten desselben und Nachrichtenlage.
Dazu wurde durch den Generalstab ein schriftliches Konzept auf Papier und Karte entworfen. Im Jahr 1815 waren im Generalstab – im Krieg – bei einer Armeestärke von etwa 300.00 Mann, 100 Stabsoffiziere (ab Major aufwärts) sowie etwa 220 Hauptleute und Lieutenants. Ein General pro 4.000 Mann.
(Vergl. dazu »Der preußische Generalstab in den Befreiungskriegen 1813 — 1815«, M. Klöffler, Zeitschrift für Heereskunde, Nr. 456 April/Juni 2015, S. 15 ff)

Gneisenau, Clausewitz, andere Generale und Offiziere waren im Feldzug 1815 der Maßstab für die Arbeit des Generalstabes. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch Clausewitzs Wirken in der Causa Wavre zu beurteilen. Es kann davon ausgegangen werden, dass er bei der Lageanalyse gründlich und nach besten Wissen und Gewissen als Chef des Stabes handelte.
Stand der Kriegskunst, die Anwendung der Truppen und der Waffen
Wir wollen uns hier weiter hauptsächlich der preußischen Armee widmen. Die Rede ist von den drei Hauptwaffen, wie Clausewitz das definierte:
- dem Fußvolk,
- der Reiterei und
- der Artillerie.
[…] 1. Das Fußvolk ist die selbständigste unter den Waffen. 2. Die Artillerie ist ganz unselbstständig. 3. Die Reiterei ist am entbehrlichsten. 3. Die Verbindung der drei gibt die größte Stärke. […]
(Vergl. »Vom Kriege«, Carl von Clausewitz, Verlag MfNV, Berlin 1957, 5. Buch, 4. Kap. S. 298 bis 300)
Clausewitz räumt hier bereits dem »Gefecht der verbundenen Waffen« einen hohen Stellenwert ein, kann jedoch kein absolutes beste Verhältnis nennen. Auch das damals schon immer lageabhängig. Clausewitz definiert:
[…] 1. Daß das Fußvolk die Hauptwaffe ist, welcher die anderen beiden zugeordnet sind.
2. Daß man durch einen größeren Aufwand von Kunst und Tätigkeit in der Führung des Krieges den Mangel beider einigermaßen ersetzen kann, vorausgesetzt, daß man dafür um so viel stärker an Fußvolk sei und daß man dies um so eher könne, je besser dieses Fußvolk ist.
3. Daß die Artillerie schwerer zu entbehren ist als die Reiterei, weil sie das Hauptvernichtungsprinzip und ihr Gefecht mit dem des Fußvolkes mehr verschmolzen ist.
4. Daß überhaupt, da die Artillerie im Vernichtungsakt die stärkste Waffe ist und die Reiterei die schwächste, man immer fragen muß: Wieviel Artillerie kann man ohne Nachteil haben, und mit wie wenig Reiterei kann man sich behelfen? […]
(Vergl. »Vom Kriege«, Carl von Clausewitz, Verlag MfNV, Berlin 1957, 5. Buch, 4. Kap. S. 306)
Dabei gibt es nach Clausewitz beim Angriff oder der Verteidigung vier Varianten der Waffenvereinigung:
a) Infanterie und Artillerie;
b) Infanterie und Kavallerie;
c) Kavallerie und Artillerie;
d) Alle drei vereinigt.
Im Verbund der Waffen können zu diesem Zweck Brigaden, Divisionen, Korps und Armeen gebildet werden.
(Vergl. »Vom Kriege«, Carl von Clausewitz, Verlag MfNV, Berlin 1957, Skizzen eines Planes zur Taktik oder Gefechtslehre, S. 826)
Zum Zeitpunkt der Schlacht bei Waterloo war der Stand der Taktik im Wesentlichen, trotz des Innovationsschubes durch die französischen Revolutionsheere, immer noch auf dem Stand von 1780. Die dominierende Waffengattung war die damalige Infanterie, die hauptsächlich in folgendem Aufbau sichtbar wird:
- Die Infanterie stellte sich in zwei Treffen in Linie auf;
— Davor die Artillerie – in Linie der Batterien – mit Zwischenräumen für den Durchzug der Infanterie;
— Die Kavallerie mit reitender Artillerie an den Flanken oder in der Reserve;
— Dahinter die Reserven der Infanterie.
Die französische Armee erzielte einen wesentlichen Teil ihrer taktischen Erfolge durch den Einsatz ihrer »Tirailleurs« und den Hauptteil durch die Entwicklung der »Angriffskolonne«. Beide Elemente wurden auf Betreiben Scharnhorsts ab 1810 schrittweise in der preußischen Armee eingeführt. Er hatte bereits 1797 auf die Wirksamkeit dieser Elemente verwiesen. In seinen Vorlesungen an der Akademie für junge Offiziere las er von der Schlacht, vom Angriff und von der Verteidigung.
(Vergl. »Scharnhorst Ausgewählte Schriften«, Usczeck & Gudzent, MV der DDR, 1986, S.150 ff)
In der Darstellung der taktischen Elemente Angriff und Verteidigung wollen wir hier die Anwendung der Infanterie, Artillerie und Kavallerie sowie deren Verbund der Waffen im Gefecht darstellen. Dabei betrachtet Scharnhorst die Schlacht als bedeutendes Gefecht zwischen bedeutenden Teilen der Armee.
In der Regel wurde das Gefecht, respektive der Angriff, auf einen beherrschenden Punkt des Gegners durch massierten Einsatz der Artillerie eröffnet. Nicht selten wurden jedoch auch Scheingefechte geführt, um den Gegner in seinen Maßregelungen abzulenken. Die Batterien der Fußartillerie führten das Feuer mit 32 oder 48 – vorrangig mit 6 pfündigen – Kanonen über ½ bis ¾ Stunde. Dabei war es üblich, auf eine Entfernung von 1.200 bis 1.800 Schritt zu feuern.
Nach der Kanonade zog das erste Treffen der Infanterie durch die Batteriezwischenräume hindurch und bewegte sich zügig mit Feldschritt (90 Schritte pro Minute) dann mit Geschwindschritt (120 Schritte pro Minute) auf den Gegner zu. Das veränderte Tempo sollte die Feuerwirkung des Gegners verringern. Leichte Artillerie folgte dem ersten Treffen. Die Batteriekanonen verblieben in ihrer Position, um eine mögliche Retraite der Infanterie zu decken. Vor der Linie des 1. Treffens bewegten sich Schützen in geöffneter Ordnung, um feindliche Tirailleure zu bekämpfen und die eigenen Truppen an zu frühem Feuern zu hindern. In Abhängigkeit der Lage war es möglich, dass die Infanterie drei Arten der Handlungen durchführte. Das war die Generalsalve (auf 300 Schritt), das Schützengefecht oder ohne zu feuern mit dem Bajonett den Gegner anzugreifen.
[…] Man unterschied beim Massenfeuer folgende Arten:
1. Das Pelotonfeuer, also Schußabgabe ganzer geschlossener Abteilungen (Züge) nach bestimmter Reihenfolge. Dafür benötigte man sehr gut ausgebildete und disziplinierte Leute. Selbst dann war dieses Feuer in der Praxis nur kurz durchzuhalten, denn die ausgeklügelte Maschinerie geriet schnell aus dem Tritt.
2. Man half sich, indem das ganze Bataillon auf einmal feuerte, also auf Kommando eine »Generalsalve« schoß. Das verhinderte Unordnung, machte aber durch die gleichzeitige Qualmwolke das Bataillon blind und während der Ladezeit wehrlos.
3. Meist stellte sich in der Praxis von selbst das sogenannte »Bataillenfeuer« ein, bei dem jeder schoß, wenn er fertig war. Eine Feuerleitung war dabei unmöglich, die Wirkung jämmerlich, wenn man den Aufwand betrachtete. Es beschäftigte bloß die Leute, eine Entscheidung brachte es nie. Ein solches Bataillenfeuer konnte auch durch Wirbel der Tambours befohlen und beendet werden. Dann sollte jeder schießen, wenn der Rottenkamerad mit dem Laden fertig war. […]
(Vergl. http://www.preussenweb.de/taktik2.htm)
Das Tirailleurgefecht, ein »Produkt« der französischen Revolutionsheere und durch Napoléon weiter angewendet, nahm auch in der neuen preußischen Armee seinen Platz ein. In der französischen Armee ein »Wildwuchs«, erhielt der Kampf in geöffneter Ordnung seine Platz im Exerzierreglement von 1812 seinen Niederschlag. Die dreigliedrige Linear-Aufstellung mit ihrer verheerenden Wirkung der Feuersalve mit 600 bis 800 Mann blieb bestehen. Im dritten Glied standen jedoch die besten Schützen, die auf Befehl vor die Front ziehen konnten, um als »Plänkler«, so wie die französischen Tirailleure ihrerseits, das Gefecht in geöffneter Form führen konnten.

Bei Notwendigkeit konnte das zweite Treffen in das Gefecht eingeführt werden oder die Flanken des ersten Treffens sichern. Eine bedeutsame taktische Variante des Angriffs stellte der Stoß mit der Angriffskolonne dar. Dieses Manöver zeigte einen hohen Anspruch an den Ausbildungsstand der Truppen. Das Zusammenziehen der Linie nach der Mitte mit zwei Zügen breit und vier Zügen tief konnte sowohl aus dem Stand oder auch aus der Vorwärtsbewegung der Linie heraus erfolgen. Umgekehrt konnte die Kolonne auch »deployieren« und die Linie der Züge wieder einnehmen. Vergl. hier: Kulpe & Reitz “Waterloo/Belle-Alliance 1815”, IX.
Aus der Kolonne konnte bei drohenden Kavallerieattacken schnell ein Karree gebildet werden. Die Züge der Kolonne marschierten auf und bildeten ein sog. offenes Karree, in dem die Züge links bzw. rechts um machten und somit Front in alle vier Richtungen einnahmen. In der Mitte war Platz für die Tambours, die Fahne, berittene Offiziere. Auch die Versorgung von Verwundeten war möglich.
Der französische Chirurg Dominique Jean Larrey (*1766; †1842), den Napoléon sehr wertschätzte, ging mit der kämpfenden Truppe mit und operierte auch in den geschlossenen Karrees. Unter extremen Bedingungen konnte sich das Karree auch in Richtungen bewegen. Das setzte jedoch einen hohen Ausbildungsstand und Disziplin voraus.
Struktur der preußischen Infanterie

Die Kavallerie stellte den kleineren Teil des Heeres, das sich im Verlaufe der Zeit von Reitertruppen zu geschlossenen Formationen entwickelt hatte. Die kleinste taktische Einheit war die Eskadron. Vier Eskadrons bildeten meist ein Regiment, zwei Regimenter eine Brigade.
[…] Mit Kabinettsordre vom 16. Oktober 1807 für die Kavallerie begann die Neuaufstellung der reitenden Truppen nach der Schlacht von Jena & Auerstedt 1806. Alle Regimenter, außer der Gardes du Corps, wurden von 5 auf 4, das Husaren Regt. Nr. 5 von 10 auf 8 und das Ulanen Regt. von 15 auf 8 Eskadrons vermindert. Jede Eskadron zu 6 Offizieren, 15 Unteroffiziere, 132 Gemeine, 3 Trompeter, vorläufig aber nur zu 125 Pferden. Zusammen 87 Eskadrons.
1815 wurde die Kavallerie durch Aufstellung je eines Garde-Dragoner, ‑Husaren und Ulanen Regiments, sowie weitere 14 Regimenter aufgestockt, so dass im August 1815, 117 Eskadrons des Linienheeres bestanden. […]
(Vergl. http://www.preussenweb.de/kavallerie2.htm)
Die Fechtweise hing von der Art der Pferde ab, die zur Verwendung kamen. Die Geschlossenheit im Antritt und Entschlossenheit im Angriff zeichnete vor allem die schwere Kavallerie aus. Dazu zählten die Kürassiere, Karabiniers und Grenadiere zu Pferd. Bewaffnung und Ausrüstung der Mannschaften und Offiziere war um 1815 nicht einheitlich. Preußische Kürassiere trugen bis Ende 1814 noch keine Kürasse. Dazu wurden dann Beutestücke der französischen Armee verwendet.
Die leichte Reiterei sollte Gefechte einleiten, den Feind hinhalten und beunruhigen sowie Aufklärungs- und Sicherungsaufgaben übernehmen. Weiterhin die Flanken der Truppen und der berittenen Artillerie schützen. Der Einsatz als Streifkorps und im »kleinen Krieg« war möglich. Der Wirkeffekt der Kavallerie war der entschlossene Kampf mit dem »kalten Stahl«, also dem Degen, dem Säbel, dem Pallasch oder auch mit dem Karabiner und der Pistole. Einige Kavallerietruppen waren mit der Lanze ausgerüstet, so zum Beispiel französische und polnische Lanzenreiter.
Die Kavallerie sollte dabei außerdem folgenden Zweck haben:
— Die Unordnung des Feindes im ersten Augenblick ausnutzen;
— Den Folgen der Unordnung der eigenen Angriffstruppen zuvorzukommen;
— Den Feind zu bedrohen um ihn von Ausnutzung eigener Fehler abzuhalten;
— Flankenangriffe des Feindes entgegen zu wirken.
Eine wesentliche und wirksame Anwendung der Kavallerie konnte durch die Verfolgung eines zurückweichenden Gegners verwirklicht werden.
(Vergl. »Waffen der Revolutionskriege 1792 — 1848«, G. Ortenburg, Bechtermünz, 1988, S. 107 ff.)
Die Artillerie
Der nachfolgende Textteil stellt verkürzte Darstellungen Deckers aus – Taktik der drei Waffen und der Taschenartillerist – dar.
Im Zuge der napoléonischen Kriegen wurde in Folge der Militärreform im Jahr 1808 die preußisch Festungsartillerie aufgelöst und in drei Artilleriebrigaden gegliedert. Jede der drei Brigaden sollte drei reitende und 12 Fußbatterien stark sein. Es gab fortan die Fußartillerie und Reitende Artillerie. Die Bezeichnung wurde festgelegt in die 1. oder Preußische Brigade, die 2. oder Brandenburgische Brigade und die 3., die Schlesische Brigade.
Durch jede Brigade wurde eine Handwerkskolonne gebildet. Im Verlaufe der Zeit bis 1815 unterlag die dargestellte Struktur permanenten Veränderungen. Bei der Fußartillerie und reitenden Artillerie war das Geschütz mit Protze bespannt, die Kanoniere bewegte sich neben der Kanone zu Fuß. Bei der Reitenden Artillerie waren alle Manschaften beritten.
Eine 6‑pfündige Kanone war 6‑fach bespannt, die 12-pfündige (schwere Artillerie) 8‑fach. Für die Bedienung der Kanonen benötigte man in Abhängigkeit des Kalibers zwischen acht und 20 Mann. Die Feldbatterien bestanden aus acht Geschützen (Halbbatterie mit vier). 1815 waren sechs Haubitz- Batterien im Bestand. Im Grundstock der Feld-Batterie sechs Kanonen und zwei Haubitzen. Der Mannschaftsbestand einer 6‑pfündigen Batterie setzte sich aus sieben Offizieren, 26 Unteroffizierne, 177 Kanonieren, 11 Handwerkern, einem Chirurgus und zwei Spielleuten zusammen. Insgesamt also 224 Männer. Pro Fußbatterie folgten 10 Munitionswagen für die Kanonen (6) und Haubitzen (4), eine Feldschmiede, zwei Handwerkswagen mit Laboratorium.

Folgende Schussarten waren möglich:
— Kernschuss auf 400 bis 500 Schritt;
— Visierschuss auf 800 bis 900 Schritt;
— Rollschuss über 1100 Schritt;
— Bogenschuss ab 800 Schritt;
— Kartätschenschuss bis etwa 600 Schritt.
Eine 6‑pfündige Kanone konnte bis 1.200 m, eine Haubitze bis 1.500 m weit schießen.
Die Feuerarten der Artillerie waren wie folgt reguliert:
1. »Das rollende Feuer«. Beginnend vom rechten Flügel der Batterie, Geschützweise.
2. »Das Zugfeuer«. Zug mit zwei Geschützen geschlossen.
3. »Das Schnellfeuer«. Jedes Geschütz feuert selbstständig.
4. »Batteriefeuer«. Alle Geschütze zugleich – Generalsalve -
Die schwere Artillerie sollte den Geschützkampf führen und als Positionsartillerie handeln.
Die leichtere Fußartillerie sollte den Kampf der Infanterie wirksam unterstützen.
Die reitende Artillerie sollte vorrangig als Reserve dienen und in der Bereitschaft sein, in schwierigen Lagen zu wirken und die Kavallerie zu unterstützen.
Die Haubitz-Batterien sollten dort, wo das Feuer der Kanonen wirkungslos sein würde (gedeckte Stellungen), den Kampf führen, oder gegen Kavallerie wirken sowie Brände auslösen.
Bildliche Darstellungen der Fuktionsweise der Artillerie
Quelle: Bestand Autor
Entsprechend des Exerzierreglements von 1812 wurden folgende Kommandos an der Kanone gegeben und Handlungen am Geschütz durchgeführt.
- Wischt aus! — Nr.1 wischt mit feuchtem Wischer das Rohr aus;
— Nr.4 sichert mit Daumen das Zündloch;
- Kartusche! — Nr.2 setzt Ladung ein;
- Setzt an! — Nr.1 rammt fest;
— Nr.4 sticht mit Kartuschnadel durch das Zündloch in den Kartuschsack;
- Schlagröhre! — Nr.4 beißt Papier der Schlagröhre ab und setzt Schlagröhre ein;
- Richt! — Nr.3 richtet mit Richtbaum der Seite nach;
- Kanone Feuer! — Nr.3 feuert mit Luntenstab ab;
- Kanone vor! — Nr.1 bis 4 rollen das Geschütz vor.
Stand der Verwundetenversorgung in und nach der Schlacht bei Waterloo
[…] Als der Gefechtslärm verklungen war, lagen etwa 35.000 bis 40.000 Männer unterschiedlicher Nationalität bei Einbruch der Nacht tot oder verwundet in den niedergetrampelten Getreidefeldern und Gräben des Schlachtfeldes oder in Scheunen und Gehöften in dessen unmittelbarer Umgebung. Das Schlachtfeld war erfüllt von verzweifelten Rufen nach Hilfe und Wasser, Röcheln und Stöhnen sowie den markerschütternden Klagelauten der verwundeten.
Es fällt schwer, angesichts der heutigen sanitätsdienstlichen Versorgung in modernen Streitkräften mit ihren Feldhospitälern, gepanzerten Krankenkraftwagen, beweglichen Arzttrupps und dem schnellen Verwundetentransport mit Hubschraubern, die Dimension der Aufgabe zu begreifen, mit der sich die Armeen bei Waterloo konfrontiert sahen. Es gab keine Anästhetika und keine Antibiotika. Die überragende Bedeutung von Hygiene für die Vermeidung von Wundbrand und Infektionen war noch nicht völlig verstanden. Desinfektionsmittel und ‑verfahren waren unbekannt.
Ein vergleichbarer Massenanfall an Verwundeten wie bei Waterloo würde auch die sanitätsdienstlichen Kapazitäten moderner Streitkräfte überlasten. In den Armeen der Napoleonischen Epoche steckte der militärische Sanitätsdienst jedoch noch in den Kinderschuhen. Zudem war er wenig angesehen. Die Ausbildung und die medizinischen Kenntnisse des sanitätsdienstlichen Personals waren allzu oft unzureichend. Ärzte wie Georg Hartog Gerson, der einer angesehenen jüdischen Arztfamilie aus Altona bei Hamburg entstammte und im April 1810 an der Hannoverschen Universität Göttingen promoviert worden war, bildeten die Ausnahme. Als Wundarzt diente er in der Königlich Deutschen Legion, die in britischen Diensten bei Waterloo kämpfte. Für gut ausgebildete, kompetente Mediziner war der Militärdienst jedoch zumeist unattraktiv. In der britischen Armee rangierte der etatmäßige Wundarzt noch unterhalb des jüngsten Fähnrichs. Die Stellen für Wundärzte blieben daher in den Regimentern oft unbesetzt, mit fatalen Folgen für die sanitätsdienstliche Versorgung. Das britische 28. (North Gloucestershire) Infanterieregiment – 557 Offiziere und Soldaten – beklagte bei Waterloo sowie dem Gefecht bei Quatre Bras zwei Tage zuvor, insgesamt 253 Verluste, verfügte aber über lediglich einen unqualifizierten Sanitäter. Insgesamt gab es in der etwa 67.000 Mann starken Armee Wellingtons bei Waterloo nur etwa 200 Regimentswundärzte. […]
(Vergl.epoche-napoleon.net/historisch/verwundetenversorgung-waterloo.html)
Preußische Militärärzte folgten mit ihren Helfern den kämpfenden Linien mit »fliegenden Ambulanzen« und versorgten Verwundete trotz Einwirkung des Feuers der Musketen und der Artillerie des Gegners. Geriet ein Bataillon unter Angriff gegnerischer Kavallerie, operierten die Ärzte inmitten des gebildeten Quarees. Sie hatten durch den französischen Militärarzt Dominique Jean Larrey gehört, dass es wichtig war, zuerst Blutungen zu stillen und übernahmen das System der Triage. Ärzte und Helfer starben auch in den Lazaretten an Fleckfieber, Typhus, Läusefieber und anderen Krankheiten, die unter den Verwundeten grassierten. Auch die preußischen Chirurgi mussten aus der Niederlage von 1806 lernen. Im »Ortelsburger Publicandum«* des Königs vom 1.12.1806 stand geschrieben:
[…] Um aber ähnliche Pflicht-Vergessenheiten für die Zukunft vorzubeugen haben Seine Königl. Majestät folgende Beschlüsse gefasst: […] 5. Die Regiments- und Compangnie-Chirurgen müssen sich am Tage des Gefechts in der Nähe ihrer Corps aufhalten, und mit allem Nöthigen versehen seyn; thun sie ersteres nicht, werden sie fortgejagt. […]
(Vergl. epoche-napoleon.net, *Publicandum wegen Abstellung verschiedener Mißbräuche bei der Armee.)
Hier dargestellt charakteristische Verwundungen dieser Zeit:
- Schussverletzungen, die durch Musketen oder Pistolenkugeln hervorgerufen wurden;
— Schnitt- und Stichwunden durch Degen, Bajonette oder Lanzen;
— großflächige Fleischwunden und abgerissene Extremitäten durch direkte Kanonentreffer mit eisernen Vollkugeln.
Auf Grund der Verletzungen war der komplexeste und häufigste medizinische Eingriff, der in der Nähe des Schlachtfeldes von den Wundärzten vorgenommen wurde, die Amputation von Gliedmaßen. Sofern fachmännisch durchgeführt, barg sie ein verhältnismäßig geringes Infektionsrisiko und bot damit oft die einzige Überlebenschance. Bei Waterloo wurden allein auf britischer Seite etwa 500 Amputationen vorgenommen.
Der weiter oben bereits genannte Armeechirurg Dominique-Jean Larrey richtete »fliegende Lazarette« ein: Pferdewagen mit chirurgischer Ausrüstung. So konnten Verwundete noch während des Gefechtes behandelt werden. Doch die medizinischen Möglichkeiten waren begrenzt. Larrey begann daher, die Verletzten nach der Schwere ihrer Verwundung zu ordnen, um möglichst vielen das Leben zu retten. Er gilt heute als der »Vater der Notärzte« und der »Erfinder der Triage«, die er aber selbst nicht so nannte. 1808 taucht der Begriff erstmals in der Medizin auf, im Tagebuch eines Kollegen Larreys. Das französische Wort bedeutet »Auslese«:
[…] 1. Hoffnungslose, 2. lebensgefährlich Verletzte, die sofort behandelt werden müssen, 3. Verletzte, die auch eine unaufschiebbare, aber präservativ-operative Hilfe verlangen, 4. Verwundete, bei denen die unmittelbare chirurgische Hilfe nur wegen eines schadlosen und bequemen Transportes notwendig ist, 5. alle Verwundeten, bei denen ein einfacher Deckverband oder eine Extraktion der oberflächlich liegenden Kugeln erfolgt. […]
(Vergl. »Zur Geschichte der Militärmedizin« in Deutschlnd, F. Ring, Militärverlag, Berlin 1962, S. 138
Viele der schwer verwundeten Teilnehmer der Schlacht konnten noch überleben, obwohl noch Stunden und Tage auf dem Feld liegend, weil die umliegende Bevölkerung, Vereine, Kirche, Organisationen und freiwillige Pfleger und Pflegerinnen aufopferungsvoll halfen, das Los der Versehrten zu mildern. Erstmals wurde in der französischen Armee auch ein schneller Abtransport der Verwundeten und Kranken durch die Einführung von Krankenträgereinheiten sowie von Krankentransportwagen gewährleistet.
Verwundeten-Transportwagen der französischen Armee um 1815
Quelle: Autor
Larrey erkannte damals, dass die Maßnahme der zügigen Wundversorgung Priorität haben muss, um das Leben des Verwundeten zu retten. Darüber hinaus vertrat er die Meinung, dass eine möglichst frühzeitige Amputation notwendig sei, um vor allem Wundinfektionen einzudämmen. Diese traten trotzdem auf, denn man kannte damals die Ursachen nicht. Die Wundversorgung und Amputation von Gliedmaßen ohne jegliche Betäubung ist für uns heute nicht vorstellbar. Die damals gewonnen Erfahrungen spiegelten sich in der späteren Entwicklung der Militärmedizin wider. Immer mehr setzte sich auch in der Militärmedizin die Wahrung der Menschenwürde durch. Eine Idee der französischen Revolution von 1789 bis 1799.
[…] Die napoleonischen Kriege (1803 bis 1815) forderten nach heutigen Schätzungen mindestens 2,5 Millionen tote Soldaten und rund eine Million Tote unter der Zivilbevölkerung. […]
(Vergl. »Waterloo 1815«, M. Füssel, C.H.BECK, München 2015, S. 118 bis 119)
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