Ein Denkmal — Friesen und seine symbolische Darstellung

»Am Anfang war Napoléon …«
[…] Die gro­ße Poli­tik bestimmt das Schicksal […]
(Vergl. Tho­mas Nip­per­day (*1927; †1992) »Deut­sche Geschich­te 1800 — 1866«, Beck, 2013, S. 11)

Um näher an die bemer­kens­wer­te Per­son Frie­sens her­an­zu­rü­cken, bie­tet sich die Bespre­chung des Denk­mals für den Patrio­ten an, wel­ches in Mag­de­burg anläss­lich sei­nes 100. Geburts­ta­ges ein­ge­weiht wur­de. Bemer­kens­wert dabei ist, dass sich der Mag­de­bur­ger Turn­rat im Datum irr­te und die Fei­er­lich­kei­ten für 1885 statt für das Jahr 1884 vor­sah. Ursäch­lich dafür war ein Ver­se­hen des Majors von Lüt­zow, der in dem von ihm aus­ge­stell­ten Toten­schein das Geburts­da­tum Frie­sens mit 1785 statt mit 1784 angab.
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild«, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Oldenbourg,
S. 182)

Der Feh­ler in den Daten Frie­sens erscheint bis in unse­re Tage in ver­schie­de­nen Publi­ka­tio­nen. Auf Grund von Schwie­rig­kei­ten bei der Finan­zie­rung des Denk­mals ver­schob sich die­ses Ereig­nis noch bis zum 24. Sep­tem­ber des Jah­res 1893. Wobei das fal­sche Geburts­da­tum nun­mehr kor­ri­giert war. Einen ers­ten Ver­such, wich­ti­ge Ereig­nis­se des Lebens­we­ges Frie­sens an Hand des Denk­mals in Mag­de­burg zu doku­men­tie­ren, nahm Kars­ten Brandt in sei­ner Darstellung 

»Fried­rich Frie­sen: Ein Jüng­ling ohne Furcht und Tadel — Der deut­schen Jugend gewid­met« aus der Rei­he Als Deutsch­land erwach­te, Schloeß­mann 1909 – 1912 vor.

2014 gin­gen Krü­ger und Stein einen ähn­li­chen Weg in »Tur­nen ist mehr – Patrio­tis­mus als Lebens­form«. In der hier vor­lie­gen­den Arbeit soll die­se Her­an­ge­hens­wei­se in einer erwei­ter­ten Form auf­ge­grif­fen werden.

Karl Fried­rich Frie­sen Quel­le: Autor 2023

Wir tref­fen auf das Denk­mal, das der Künst­ler Ernst Habs jun. (*1858; †1898) schuf, in den Anla­gen des Fürs­ten­walls unter­halb des 1877 errich­te­ten Krie­ger­denk­mals für die preu­ßi­schen Eini­gungs­krie­ge, in der heu­ti­gen Hegel­stras­se. Büs­te und Vor­der­sei­te des Pos­ta­ments stellt Frie­sen in der Uni­form der »Lüt­zower« dar. Eine Reli­ef­plat­te zeigt ein Wap­pen mit Lor­beer und Eichen­zwei­gen, in dem Geburts- und Todes­da­tum ver­ewigt sind. Eben­falls auf der Vor­der­sei­te, auf der Stu­fe, erken­nen wir Jahns Aus­spruch, wie bereits vor­ne ausgeführt.

«Wie Scharn­horst unter den Alten, so ist Frie­sen unter der Jugend der Grö­ßes­te aller Gebliebenen«

An den Sei­ten und an der hin­te­ren Front befin­den sich wei­te­re Reli­ef­plat­ten mit den Dar­stel­lun­gen aus dem Leben Frie­sens, die die wich­tigs­ten Sta­tio­nen sei­nes kur­zen Lebens berüh­ren. Die­se geben uns den Raum für ein tie­fe­res Ein­drin­gen in des­sen Per­sön­lich­keit, sowie die Betrach­tung der ihn umge­be­nen Män­ner mit all ihren Gedan­ken, Taten, Wir­ken und Inten­tio­nen in einer gro­ßen Zeit.

Unter der lin­ken Schul­ter der Büs­te erkennt man auf dem Reli­ef Frie­sen mit dem Initia­tor der Turn­be­we­gung, Fried­rich Lud­wig Jahn (*1778; 1852), sowie den Fecht­leh­rer Ernst Wil­helm Eise­len (*1792; 1846).

Reli­ef­plat­te des Denk­mals, Quel­le: Autor 2024

Das Bild führt uns in die Zeit zurück nach der kata­stro­pha­len preu­ßi­schen Nie­der­la­ge gegen Napo­lé­on 1806 bei Jena und Auer­stedt, als sich vor allem in Preu­ßen der Wider­stand gegen die fran­zö­si­sche Beset­zung des Lan­des formierte.

Wir sehen mit­tig die ansehn­li­che Gestalt Frie­sens, über den es in der Lite­ra­tur viel­fäl­ti­ge Lob­prei­sun­gen gibt. Neben sei­nen Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten, denen man eine gewis­se Fröm­mig­keit und puri­ta­ni­sche Sit­ten­stren­ge, gepaart mit Beschei­den­heit nach­sag­te, soll er auch ver­trau­ens­se­lig und takt­voll im Umgang mit den Men­schen sei­ner Umge­bung gewe­sen sein. Das auch in der geis­ti­gen und sport­li­chen Auseinandersetzung.

Der enge Freund Frie­sens Wil­helm Har­nisch (*1787; †1864) schrieb 1816:

[…] Fried­rich Frie­sen war von mitt­le­rer Grö­ße, schön gewach­sen und hat­te blaue Augen und glat­tes , blon­des Haar, […] in sei­nem Gesicht lag Mil­de und Anmut, Kraft und Wür­de. Sein Gang und all sei­ne kör­per­li­chen Bewe­gun­gen waren aus­drucks­voll und gefällig. […]
(Vergl. »Tur­nen ist mehr — …, Hg. Krü­ger & Stein, Bd. 1, Hil­des­heim 2014, S. 49, oder »Fried­rich Frie­sen«, Dr. Carl Euler, Bln. 1885, K. Schmidts Buch­hand­lung, S. 10)

Ernst Moritz Arndt (*1769; †1860) beschrieb Frie­sen ähnlich:

[…] Ein rech­tes Bild rit­ter­li­cher und jung­fräu­li­cher Unschuld, mit Schön­heit, Kraft und Wis­sen­schaft gerüs­tet, gleich geübt in der Kunst der leib­li­chen und geis­ti­gen Waf­fen, wei­se wie ein Mann und unschul­dig wie ein Kind: Eine Blu­me schö­ner Hoff­nung für das Vater­land, das sein ein­zi­ger und höchs­ter Gedan­ke war. […]
(»Fried­rich Frie­sen«, Dr. Carl Euler, Bln. 1885, K. Schmidts Buch­hand­lung, S. 9)

Frie­sen steht ange­lehnt an einem Turn­ge­rät, dem Bar­ren, vor ihm sitzt sein Mit­strei­ter Jahn. Die­ser, mit einem Papier in der Hand, scheint zu doku­men­tie­ren, was Frie­sen erläutert.

Johann Fried­rich Lud­wig Chris­toph Jahn. Quel­le: Wikipedia

Hin­ter Frie­sen ist Eise­len mit einer Schrift, womög­lich über das Fech­ten, in der Hand zu erken­nen. Eise­len war – neben Frie­sen – eine der ein­fluss­reichs­ten Per­sön­lich­kei­ten in der Tur­ner­be­we­gung, die durch Jahn mit der Grün­dung des ers­ten öffent­li­chen Turn­plat­zes 1811 eta­bliert wur­de. Eise­len war nicht nur Co-​Autor Jahns bei der Schrift »Deut­sche Turn­kunst« (1816), son­dern schrieb wei­te­re wich­ti­ge Bücher sowohl über Gym­nas­tik, Tur­nen und Fech­ten. Baum­wip­fel deu­ten mög­li­cher­wei­se auf die Hasen­hei­de bei Ber­lin hin. Eine Lei­ter als Sport­ge­rät dien­te wohl beim Klet­tern. Im Hin­ter­grund kreu­zen zwei Fech­ter ihre Waffen.

Es ist also die Zeit der For­mie­rung des »Deut­schen Bun­des« als poli­ti­sches Instru­ment der Vor­be­rei­tung der Jugend Preu­ßens auf die unaus­weich­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit der napo­leo­ni­schen Fremd­herr­schaft unter Napo­lé­on im Jahr 1810. Auch mili­tä­risch wur­de Frie­sen 1808 erst­mals aktiv. Im Diens­te Majors von Schill kund­schaf­te­te er 1809 das fran­zö­sisch besetz­te Mag­de­burg aus.

Erschei­nun­gen bedeu­ten­der Ereig­nis­se, die wei­ter­hin dahin führ­ten, sind:

- 1808, am 14. Okto­ber war Jahns Haupt­werk »Das Deut­sche Volks­tum« erschienen.
- Blü­cher tön­te: »Der Bona­par­te, der ver­fluch­te Racker, muß her­un­ter«.
- Sara­gos­sa, die Ereig­nis­se des spa­ni­schen Bür­ger­krie­ges des Jah­res 1809.
- Der Auf­stand der Tiro­ler Berg­bau­ern unter der Füh­rung von And­res Hofer.
- Dörn­bergs Auf­stand gegen Jero­mé am 22. April 1809 im hes­si­schen Homberg. 
- Der Zug der »Schwar­zen Schar« des Her­zogs Fried­rich Wil­helm von Braun­schweig- Lüneburg-Oels im Jahr 1809.
- Fer­di­nand von Schills Zug und Tod im Jah­re 1809.

Quel­le: Richard Knö­tel, Fer­di­nand von Schills Tod in Stral­sund — Wikipedia

Von wahr­schein­lich emi­nen­ter Bedeu­tung für Frie­sens gedank­li­cher Ent­wick­lung in die­ser Zeit ist wahr­schein­lich sein Kon­takt zum Phi­lo­so­phen Johann Gott­lieb Fich­te (*1762;†1814), des­sen Vor­le­sun­gen er in Ber­lin besuch­te. Dort hör­te Frie­sen Fich­tes »Reden an die Deut­sche Nati­on«, die er im Zeit­raum vom 13. Dezem­ber 1807 bis zum 20. März 1808 in der Preu­ßi­schen Aka­de­mie las.

Frie­sen ver­nahm einen flam­men­den Appell zum Wider­stand gegen Napo­lé­on. Es ging um die Lage der deut­schen Nati­on, um die Natio­nal­erzie­hung, um die Rol­le der Deut­schen in der Welt­ge­schich­te, um Vater­lands­lie­be und Opfer­be­reit­schaft. Fich­tes Inten­tio­nen soll­ten sich im Gedan­ken­gut Frie­sens deut­lich wider­spie­geln. Hier ist zu beach­ten, dass sich die Natio­nal­so­zia­lis­ten aus­drück­lich auf Fich­tes Rede an die Deut­sche Nati­on berie­fen und somit die auf­klä­re­ri­sche Auf­fas­sung des Phi­lo­so­phen ver­fälsch­ten. Auch Frie­sen geriet somit hier im Zusam­men­hang mit dem Wir­ken der spä­te­ren Bur­schen­schaf­ten in den Sog von Ver­däch­ti­gun­gen, dem Natio­na­lis­mus Vor­schub geleis­tet zu haben.

Sinn­bil­der der frü­hen Tur­ner­be­we­gung wie Jahn und Frie­sen wur­den durch die Natio­nal­so­zia­lis­ten zu Bür­ger­hel­den hoch­sti­li­siert, die den volks­deut­schen Gedan­ken trans­por­tiert hät­ten. In den Jah­ren von 1817 bis in die spä­ten 1830-​er Jah­re, bis lan­ge nach sei­nem Tod, geriet der Turn­leh­rer zuvor aller­dings schon in die »Müh­len« der Dem­ago­gen­ver­fol­gun­gen. Die­ser Umstand ver­hin­der­te die Über­füh­rung sei­ner sterb­li­chen Über­res­te in das Vater­land, bis zum März 1843.

In Frie­sens und Jahns Denk­schrift von 1811 zur »Ord­nung und Errich­tung der deut­schen Bur­schen­schaf­ten« wur­de publi­ziert, wor­in ein neu­er zeit­ge­mä­ßer Typ von Studenten-​Verbindungen bestehen soll­te. Als Rek­tor der Ber­li­ner Uni­ver­si­tät lehn­te Fich­te die­ses Pro­jekt, wel­ches Frie­sen ihm vor­leg­te, jedoch als zu radi­kal ab. Als am 12. Juni 1815, drei Tage vor dem Ende der Schlacht von Water­loo, in Jena die »Deut­sche Bur­schen­schaft« gebil­det wur­de, war die­se Denk­schrift ein Fun­da­ment der Vereinigung.

[…] Zu ihrem Wahl­spruch erko­ren sie: »Dem Bie­dern Ehre und Ach­tung”, zur ste­ten Erin­ne­rung, nur den acht­ba­ren deut­schen Jüng­ling in ihrer Mit­te zu dul­den und stets Red­lich­keit und Bie­der­sinn zu vereinen. […]
(Vergl. Voigt­län­der Quel­len­bü­cher – Band 72 »Aus der Zeit der Dem­ago­gen­ver­fol­gun­gen«, 1914, S. 22 bis 24)


Die von den Schlacht­fel­dern Euro­pas heim­keh­ren­de aka­de­mi­sche Jugend war inspi­riert durch die Schrif­ten Jahns und Arndts. Beson­ders Jahns »Volks­tums­idee« befeu­er­te den Wunsch nach poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen.
Arndts Lied aus dem Jahr 1813 »Was ist des Deut­schen Vater­land« galt als Hym­ne der dama­li­gen stu­den­ti­schen Jugend.

Des Deut­schen Vater­land (1813)
Was ist des Deut­schen Vaterland?
Ist’s Preus­sen­land? ist’s Schwabenland?
Ist’s, wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist’s, wo am Belt die Möwe zieht?
O nein, nein, nein!
Sein Vater­land muß grö­ßer seyn.

Spä­ter dann wur­de der Wahl­spruch am 18. März 1816 in »Ehre, Frei­heit, Vater­land« geändert.
(Vergl. Voigt­län­der Quel­len­bü­cher – Band 72 »Aus der Zeit der Dem­ago­gen­ver­fol­gun­gen«, 1914, S. 22 bis 24)

Nach der Ein­lei­tung der Preu­ßi­schen Refor­men durch Hein­rich Fried­rich Karl Reichs­frei­herr vom und zum Stein (*1757; †1831) und Karl August von Har­den­berg (*1750; †1822), stand vor allem die Hee­res­re­form unter Ger­hard Johann David Scharn­horst (*1755; †1813), im Mit­tel­punkt des all­ge­mei­nen Interesses.

Die Agrar­re­form (Okto­ber­edikt 09.10.1807), auch soge­nann­te »Bau­ern­be­frei­ung«.
Die Städ­te­re­form (19.11.1808) gewährt das Recht auf Selbstverwaltung.

Die Kabi­netts­re­form  (24.11.1808) führ­te fünf Minis­ter (Inne­res, Äuße­res, Finan­zen, Jus­tiz und Krieg) ein.
Die Gewer­be­re­form hob in Preu­ßen den Zunft­zwang auf.
Die Bil­dungs­re­form 
(1808) ver­folg­te das Ziel einer huma­nis­ti­schen Bil­dung und Erzie­hung aller Preu­ßen ohne Unter­schied der Klas­sen und Religionen.
Die
Hee­res­re­form ver­folg­te neben not­wen­di­gen struk­tu­rel­len und tak­ti­schen Ver­än­de­run­gen das Ziel, eine natio­na­le Armee zu schaf­fen, in der das Bür­ger­tum vor allem über die »Land­wehr« zur Gel­tung kom­men sollte.

Die Juden­eman­zi­pa­ti­on (1812), in der Juden for­mal die Staats­bür­ger­schaft zuer­kannt wurde.

Scharn­horst, Boy­en, Groh­mann und Gnei­se­nau sorg­ten sich um Taug­lich­keit der dama­li­gen jun­gen Gene­ra­ti­on für den kom­men­den Kriegs­dienst. Lebens- und Arbeits­be­din­gun­gen der Mas­se der jun­gen Män­ner und deren Gesund­heits­zu­stand waren teil­wei­se besorg­nis­er­re­gend. War für die Jugend der pri­vi­le­gier­ten Bevöl­ke­rungs­schich­ten Fech­ten, Rei­ten, Tan­zen und Schie­ßen vor­be­hal­ten, so blieb den unter­pri­vi­le­gier­ten jun­gen Män­nern viel­fach nur Lau­fen, Sprin­gen, Klet­tern übrig, um den Kör­per zu stäh­len. Das Schwim­men war all­ge­mein unbekannt.

Nicht alle Väter sorg­ten sich um den Nach­wuchs so wie Gnei­se­nau um sei­nen durch Krank­heit geschwäch­ten Sohn, dem er täg­li­che Übun­gen im Frei­en anord­ne­te. In einem Brief an sei­ne Frau kön­nen wir lesen:

[…] Er wird zwar hier­bei weni­ger ler­nen, aber wenn eins sein soll, so will ich lie­ber, daß er etwas unwis­sen­der sei und einen fes­ten Kör­per habe, als daß er gelehrt sei und sieche. […]
(Vergl. Das Leben des Feld­mar­schalls Gra­fen Neithardt von Gnei­se­nau. Ers­ter Band 1760 bis 1810. Pertz, Georg Heinrich,
S. 528)

Neithardt von Gnei­se­nau. Quel­le: Wikipaedia

Scharn­horst, Boy­en, Gnei­se­nau und Grol­man setz­ten sich nach­drück­lich für den Gym­nas­tik­un­ter­richt nach den Regeln Guhts­Muths ein. Die phy­si­sche Aus­bil­dung soll­te im Ein­klang mit der patrio­ti­schen Erzie­hung der Jugend ein­her­ge­hen. Der Leh­rer und Freund Clau­se­witz´, Ger­hard David von Scharn­horst (*1755; †1813) for­mu­lier­te in zwei Schrif­ten, »Vor­läu­fi­ger Ent­wurf der Ver­fas­sung der Reser­ve­ar­mee vom August 1807« und »Vor­läu­fi­ger Ent­wurf zur Ver­fas­sung der Pro­vin­zi­al­trup­pen vom 15. März 1808«, jeweils im § 1 der Entwürfe:

»§ 1 Alle Bewoh­ner des Staa­tes sind gebo­re­ne Ver­tei­di­ger desselben.«

Bei­de Ent­wür­fe for­der­ten prak­tisch »die all­ge­mei­ne Wehr­pflicht«, was Gleich­heit aller vor dem Gesetz bedeu­tet hätte.
(Vergl. Scharn­horst, »Aus­ge­wähl­te mili­tä­ri­sche Schrif­ten«, Mili­tär­ver­lag DDR, Uscek/​Gudzent, S. 236 ff. und S. 243 ff.)

Ger­hard David von Scharn­horst. Quel­le: Wikipaedia

In den ange­gan­ge­nen Refor­men des preu­ßi­schen Staa­tes spie­geln sich Wir­ken und Inten­tio­nen der im Reli­ef dar­ge­stell­ten his­to­ri­schen Figu­ren Frie­sen, Jahn und Eise­len wider. Die­se Idee trägt die Befrei­ungs­krie­ge, über­lebt die Dem­ago­gen­ver­fol­gung in den deut­schen Lan­den und lebt im Vor­märz von 1815 bis 1848 und dar­über hin­aus immer wie­der auf.

Als Autor die­ser Arbeit erin­ne­re ich mich an Sport­stun­den, in denen wir in mei­ner frü­hen Schul­zeit (DDR) um 1962 her­um, immer zu Beginn des Unter­rich­tes einen klei­nen Marsch durch­führ­ten und aus vol­ler Keh­ler sangen:

»Tur­ner, auf zum Strei­te, tre­tet in die Bahn! Kraft und Mut gelei­te uns zum Sieg hin­an! |: Ja, zu heh­rem Ziel füh­ret unser Spiel!
Nicht mit frem­den Waf­fen schaf­fen wir uns Schutz; was uns aner­schaf­fen ist uns Schutz und Trutz. |: Bleibt Natur uns treu, stehn wir stark und frei!
Wie zum Tur­ner­spie­le ziehn wir in die Welt; der gelangt zum Zie­le, der sich tap­fer hält. |: Män­nern, stark und wahr, strahlt der Him­mel klar!
Auf denn, Tur­ner, rin­get, prüft der Seh­nen Kraft! Doch zuvor umschlin­get euch als Bru­der­schaft: |: Gro­ßes Werk gedeiht nur durch Einigkeit!«
(Tur­ner­lied (Melo­die: Josef Sturz Text: A. H. Weis­mann 1841)

Der Wahl­spruch Jahns, »Frisch, Fromm, Frei«, war uns Schü­lern damals bekannt. Der Unter­richt begann und ende­te mit dem gemein­sa­men Ruf »Sport frei!« Zu Jahns Zei­ten war der Turn­er­gruß »Gut Heil« üblich, der auf Grund der Herr­schaft der Natio­nal­so­zia­lis­ten regel­recht »ver­brannt« war.

Frie­sen hat­te sich bereits als Turn­leh­rer in der Erzie­hungs­wis­sen­schaft einen Namen gemacht. Vor allem sein Bei­spiel als Leh­rer und Patri­ot leuch­tet heute.

Fried­rich Adolph Wil­helm Dies­ter­weg (*1790;†1866), ein deut­scher Päd­ago­ge, äußer­te sich zum Leh­rer als Vor­bild in fol­gen­der Weise:

[…] Die wich­tigs­te Erschei­nung in der Schu­le, der lehr­reichs­te Gegen­stand der Anschau­ung, das leben­digs­te Bei­spiel ist für den Schü­ler der Leh­rer selbst. […]
(Vergl. bache​lor​-mas​ter​-publi​shing​.de/​d​o​c​u​m​e​n​t​/​2​9​7​440)

Das war im Sin­ne Frie­sens! Und es bleibt zu hof­fen, dass die­ser Geist im heu­ti­gen Deutsch­land nicht ver­lo­ren geht und wie­der­be­lebt wer­den kann! Die­se Idee ver­kör­pert das ers­te Reli­ef am Mag­de­bur­ger Denk­mal für Frie­sen, vor dem wir auf dem Fürs­ten­wall in der Hegel­stra­ße stehen.

Auf dem Reli­ef an der Rück­sei­te des Denk­mals sind Frie­sen und der Dich­ter Carl Theo­dor Kör­ner (*1791; †1813) dar­ge­stellt. Die­ses Bild soll den Moment des Bei­tritts bei­der Män­ner zum Lüt­zower Frei­korps darstellen.

[…] Die Anwe­sen­heit Kör­ners bei der Ver­ei­di­gung Frie­sens ent­spricht nicht der his­to­ri­schen Wahr­heit und ist die Frucht künst­le­ri­scher Freiheit. […]
(Vergl. Vergl. »Tur­nen ist mehr — …«, Hg. Krü­ger & Stein, Bd. 1, Hil­des­heim 2014, S. 64)

Reli­ef auf der Rück­sei­te des Denk­mals, Quel­le: Autor 2024

Adolf Lud­wig von Lüt­zow steht vor Frie­sen und trägt aus der »Aller­höchs­ten Kabinetts-​Ordre (AKO) vom 3. Febru­ar 1813« über die Auf­stel­lung frei­wil­li­ger Jäger­de­tache­ments und dem dann fol­gen­den Auf­ruf zur Bil­dung der Frei­schar vor. Daher auch der Bei­na­men »Lüt­zower« oder »Schwar­ze Jäger«, die sich in der Geschich­te mani­fes­tier­ten. Im Hin­ter­grund sol­len Karl Frei­herr von und zum Stein (*1757; †1831), Jahn und der roman­ti­sche Dich­ter und Lyri­ker Max von Schen­ken­dorf (*1783; †1817), zu sehen sein.

Schen­ken­dorf war teil­neh­men­der Beob­ach­ter (Schen­ken­dorf war dienst­un­taug­lich) der Befrei­ungs­krie­ge und spä­ter Regie­rungs­rat in Koblenz, dort mit der Mili­tär­ver­wal­tung betraut. Er war Ver­trau­ter von Marie und Carl von Clau­se­witz in sei­ner Koblen­zer Zeit. Sei­ne Lie­der und Gedich­te dürf­ten bei Frie­sen zwei­fels­oh­ne Wir­kung hin­ter­las­sen haben. Der viel zu früh schon am 17. Dezem­ber 1817 ver­stor­be­ne Frei­heits­dich­ter stell­te 1813 die Frage:

Frei­heit, die ich meine
Die mein Herz erfüllt
Komm mit dei­nem Scheine
Süßes Engels­bild!
Magst du dich nie zeigen
Der bedräng­ten Welt?
Füh­rest dei­nen Reigen
Nur am Sternenzelt?

Frie­sen und Kör­ner sen­ken den Säbel zum Gelöb­nis. Außer­dem erken­nen wir die Schwur­hand eines Kriegs­frei­wil­li­gen. Jahn und Frie­sen gehör­ten zu den Ers­ten, die unmit­tel­bar nach Erlass der AKO in das Frei­korps ein­tra­ten. Es war der 19. Febru­ar des Jah­res 1813. Kör­ners Gedicht »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« erscheint wie ein Fanal in die­sen beweg­ten Tagen:


Das Volk steht auf, der Sturm bricht los,
Wer legt noch die Hän­de feig in den Schoß?
Pfui über dich Buben hin­ter dem Ofen,
Unter den Schran­zen und unter den Zofen!
Bist doch ein ehr­los erbärm­li­cher Wicht.
Ein deut­sches Mäd­chen küßt dich nicht
Ein deut­sches Lied erfreut dich nicht
Und deut­scher Wein erquickt dich nicht
Stoßt mit an
Mann für Mann,
Wer den Flam­berg schwin­gen kann

Die »Lüt­zower Jäger« wur­den spä­ter Als »Poe­sie des Hee­res« in der Lite­ra­tur durch den Mag­de­bur­ger Schrift­stel­ler Karl Lebe­recht Immer­mann (*1796; †1840) dar­ge­stellt. Das war vor allem der his­to­ri­schen Unge­wöhn­lich­keit der Bil­dung, der Zusam­men­set­zung, des Wir­kens im Krieg bis hin zur Auf­lö­sung die­ser Trup­pe zu verdanken.

[…] Nir­gends - so Immermann-, stand der jun­ge grü­ne Hain so dicht, als in der Lützow´schen Frei­schar. Hier war der Stu­dent Neben­mann des Pro­fes­sors; Ärz­te, Künst­ler, Leh­rer, Geist­li­che, Natur­for­scher, aus­ge­zeich­ne­te, zum Teil schon hoch­ge­stell­te Beam­te aus allen Gau­en Deutsch­lands waren in den Jäger­kom­pa­nien und Schwa­dro­nen, deren Mas­se aus tüch­ti­gen Hand­werks­ge­sel­len und Bau­ern­bur­schen bestand, […] Die Lützow´sche Frei­schar war die Poe­sie des Hee­res, so hat denn auch der Dich­ter des Kamp­fes, Theo­dor Kör­ner, in ihren Rei­hen gesun­gen, gefoch­ten und vollendet. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen und die Lüt­zower«, Hg. E. Hein­rich, Druck und Ver­lag Stein­kopf, Stutt­gart 1890, S. 60)

Eine wei­te­re Beson­der­heit, die­ser »wun­der­sa­men Genos­sen­schaft«* war die Rol­le ein­zel­ner Frau­en, die sich als Män­ner ver­klei­det hat­ten und im Befrei­ungs­krieg unter Män­nern kämpften.
*Begriff nach Immermann
Das pro­mi­nen­tes­te Bei­spiel von ins­ge­samt 23 kämp­fen­den Frau­en war Eleo­no­re Pro­chas­ka (*1785; †1813). Die Toch­ter eines Unter­of­fi­ziers und Musik­leh­rers dien­te unter dem Namen August Renz im 1. Jäger­ba­tail­lon des Frei­korps. Im Gefecht an der Göhr­de wur­de die jun­ge Frau töd­lich ver­letzt und starb drei Wochen spä­ter im Laza­rett von Dannenberg.

[…] Erst anläß­lich der Ver­wun­dung wur­de offen­bar, daß der Jäger Renz eigent­lich weib­li­chen Geschlechts war. Dies ver­hin­der­te jedoch nicht eine Bei­set­zung mit allen mili­tä­ri­schen Ehren. Im Gegen­teil, die bei­den anwe­sen­den Jäger­korps nebst Offi­zie­ren sowie der preu­ßi­sche Minis­ter und außer­or­dent­li­che Gesand­te Graf de Groo­te nah­men an der Bei­set­zung in Dan­ne­berg teil. […]
(Vergl. »Kriegs­hel­den«, R. Schil­ling, Schö­ningh 2002, S. 85 — 86)

Marie Chris­tia­ne Eleo­no­re Pro­chas­ka — Quelle:Wikipedia

Die­se jun­ge Frau wur­de immer wie­der neu inter­pre­tiert und erfuhr im Lau­fe der Zeit meh­re­re Ver­ein­nah­mun­gen – wie auch Frie­sen – aus ver­schie­de­nen poli­ti­schen Rich­tun­gen. Pro­chas­ka wur­de nach und nach eine Sym­bol­fi­gur für Patrio­ten, Natio­na­lis­ten, Kriegs­be­für­wor­ter, Kom­mu­nis­ten und Feministinnen.

Die Bil­dung des Lüt­zower Frei­korps war zurück­zu­füh­ren auf eine Inten­ti­on Scharn­horsts, der dem Preu­ßi­schen König Fr. W. III. die Idee nahe­brach­te, neben den regu­lä­ren Lini­en­trup­pen und der noch zu for­mie­ren­den Land­wehr und den Land­sturm über Frei­korps zu ver­fü­gen, die einer ande­ren Fecht­art fol­gen soll­ten. Lüt­zow soll­te das Korps im Gan­zen füh­ren, Chris­ti­an Fried­rich Engel v. Peters­dorff (*1775; †1854) die Infanterie.

Im Mit­tel­punkt stand hier die Gefechts­art des Streif­zu­ges, der zwei Haupt­auf­ga­ben haben sollte:

a) Die Zer­stö­rung der feind­li­chen Kriegs­de­pots zwi­schen Elbe und Rhein sowie über­haupt die Ent­zie­hung aller für die Bil­dung einer Armee not­wen­di­gen Mittel.
b) Die Ver­wen­dung sol­cher Mit­tel im Inter­es­se zur Beschaf­fung der Bevöl­ke­rung gegen Frank­reich, nach einem noch näher zu ent­wi­ckeln­den System.

Beson­ders erwäh­nens­wert hier­bei war, dass nach Scharn­horsts Ansicht die Aus­füh­rung die­ser Idee in zwei Tei­le zer­fal­len soll­te. In einen mili­tä­ri­schen und in einen poli­ti­schen Teil. Scharn­horst, der sich zunächst beim Preu­ßi­schen König für Lüt­zow als Frei­korps­füh­rer ver­wen­de­te, über­gab an sel­bi­gen kla­re Instruk­tio­nen für die Gefechts­füh­rung des Klei­nen Krie­ges, so wie ihn auch Clau­se­witz verstand.
(Vergl. F. v. Jag­witz »Geschich­te des Lüt­zow­schen Frei­korps«, Ber­lin 1882, Mitt­ler & Sohn, Hof­buch­hand­lung, S. 8 ff. und 44 ff.)

Im Ver­lau­fe des Früh­jahrs – das Lüt­zow­sche Frei­korps war trotz der Zwei­fel des Mon­ar­chen, »Frei­wil­li­ge auf­ru­fen, ganz gute Idee; aber kei­ner kom­men!«, soll der König gesagt haben – eine beacht­li­che Trup­pen­stär­ke zusam­men­ge­kom­men. Bin­nen kur­zem, nach nur vier­wö­chi­ger Aus­bil­dung, trat Lüt­zows Frei­korps Ende März in Stär­ke von 900 Fuß­sol­da­ten und 260 Rei­tern den Marsch nach Sach­sen an. Durch wei­te­ren Zulauf wuchs die Infan­te­rie bis zum Mai auf 2.800 Mann an, die damit für einen beweg­li­chen Ein­satz zu schwer­fäl­lig wur­de. So konn­te nicht die Harz­ge­gend erreicht wer­den, wo Lüt­zow Stütz­punk­te für eine Volks­er­he­bung anle­gen soll­te. Die Infan­te­rie blieb in der Pri­g­nitz und in der Alt­mark, wäh­rend Lüt­zow selbst mit 480 Rei­tern einen Streif­zug durch Thü­rin­gen und ins Vogt­land bis Plau­en unternahm.
(Vergl. deut​sche​-bio​gra​phie​.de)

Aller­dings beob­ach­ten wir eine gewis­se Dif­fe­ren­zie­rung Scharn­horsts zu Lüt­zow in die­ser Zeit. Über deren genaue­re Ursa­chen nicht viel bekannt sein dürf­te. In einem Brief an sei­ne Toch­ter Cla­ra Sophie Julia­ne Grä­fin zu Dohna-​Schlobitten vom 28. April 1813, schrieb Scharn­horst aus Alten­burg unter anderem:

[…] Wir haben die Metho­de, über­all uns zu ver­meh­ren; am meis­ten geschie­het dies vom Lüt­zow­schen Korps, […] Es tut mir Leid, Dir zu sagen daß Dein Pro­te­gée Lüt­zow, den ich nicht um sei­ne Per­son, son­dern aus ande­ren Grün­den, die Errich­tung eines Korps von Aus­län­dern* bewirk­te und lei­te­te, so ein­ge­nom­men, über­mü­tig und unaus­steh­lich gewor­den ist, daß ich mit ihm in die größ­te Ver­le­gen­heit gekom­men bin. […]
* Unter dem Begriff »Aus­län­der« ver­stand Scharn­horst die Rekru­tie­rung von Frei­wil­li­gen vor allem aus den deut­schen Län­dern außer­halb Preussens.
(Vergl. »Scharn­horsts Brie­fe«, Hg K.Linnebach, Kraus Reprint Mün­chen, 1980, S. 469)

Mit der Öff­nung des Frei­korps für soge­nann­te Aus­län­der spie­gel­te sich vor allem der poli­ti­sche Gedan­ke Frie­sens wider, den er mit Jahn teil­te, indem eine Eini­gung der deut­schen Ein­zel­staa­ten das Ziel des Deut­schen Bun­des war. Am 28. Febru­ar 1813, also noch im glei­chen Monat der Pro­kla­ma­ti­on zur Bil­dung des Frei­korps, wur­den die Män­ner in der Kir­che zu Rogau-​Rosenau, im dama­li­gen Schle­si­en, heu­te Rogów Sobó­cki, in fei­er­li­cher Wei­se durch den Pas­tor Peters ver­ei­digt.

[…] Der fei­er­li­che vor­ge­sag­te und von allen nach­ge­spro­che­ne Kriegs­eid, auf die Schwer­ter der Offi­zie­re geschwo­ren, und : »Eine fes­te Burg ist unser Gott« mach­te das Ende die­ser herr­li­chen Fei­er­lich­keit, die zuletzt noch mit einem don­nern­den Vivat, das die Krie­ger der deut­schen Frei­heit aus­brach­ten, gekrönt wurde. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen und die Lüt­zower«, Hg. E. Hein­rich, Druck und Ver­lag Stein­kopf, Stutt­gart 1890, S. 67 ff.)

Kör­ner spie­gelt die­sen Moment lyrisch, mit viel Pathos wider:

Wir tre­ten hier im Gotteshaus
mit fro­hem Mut zusammen
uns ruft die Pflicht zum Kampf hinaus
und alle Her­zen flammen
Denn, was uns mahnt zu Sieg und Schlacht
hat Gott ja sel­ber angefacht
Dem Herrn allein die Ehre

Text: Theo­dor Kör­ner, am 28. März 1813: Lied zur fei­er­li­chen Ein­se­gung des preu­ßi­schen Frei­korp , Lüt­zower Frei­schar, in der Kir­che in Rogau – in »Dich­ter der Frei­heits­krie­ge«, Frey­tag GmbH, 1908, S. 40

Ein­seg­nung des Lüt­zow­schen Frei­korps in Rogau, 28. März 1813.Quelle. goe​the​zeit​por​tal​.de

Es fol­gen mar­kan­te Daten, wie der Auf­ruf »An mein Volk« vom 17. März. Zuvor am 10. März, am Geburts­tag der ver­stor­be­nen Köni­gin Lui­se, die Stif­tung des »Eiser­nen Kreu­zes«. Vie­le der Lüt­zower Jäger, die von den Schlacht­fel­dern des Befrei­ungs­krie­ges zurück­kehr­ten, waren mit die­sem Kreuz aus­ge­zeich­net worden.

Nur Jahn wird das Königs­haus, obwohl für sei­nen per­sön­li­chen Mut in die Lis­te der berech­tig­ten Offi­zie­re des 25. Infan­te­rie­re­gie­ments, dem Nach­fol­ge­re­gi­ment der Infan­te­rie des König­lich preu­ßi­schen Frei­korps von Lüt­zow auf­ge­nom­men, die­se Aus­zeich­nung bis zum Jahr 1840 ver­wei­gern. Das war ein Resul­tat der Dem­ago­gen­ver­fol­gung, da er auf Grund sei­ner poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten eini­ge Jah­re zuvor eine Gefäng­nis­stra­fe wegen Hoch­ver­rats absaß. Im Gegen­satz zu Jahn wur­de Theo­dor Kör­ner als einer der ers­ten Lüt­zower Jäger mit dem Eiser­nen Kreuz II. Klas­se ausgezeichnet.

Stif­tungs­ur­kun­de EK, Quel­le: Wikipedia 

Köni­gin Lui­se wur­de nach dem Befrei­ungs­krieg durch Fried­rich Wil­helm III. post­hum mit dem ers­ten her­ge­stell­ten Exem­plar des Kreu­zes geehrt. Es wur­de im Sockel einer Mar­mor­büs­te der Köni­gin im Park von Hohen­zie­ritz ein­ge­mau­ert, wo es 1945 von Sol­da­ten der Roten Armee ent­wen­det wurde.

Das Eiser­ne Kreuz II. Klas­se, Quelle:woeschler-orden.de

[…] Pro­tes­tan­ti­sche Nüch­tern­heit und Sach­lich­keit lie­ßen den preu­ßi­schen König Fried­rich Wil­helm III. gewiß nicht an einen Kreuz­zug den­ken. allen­falls an den Wahl­spruch »Mit Gott für König und Vater­land« klang ein christlich-​patriotisches Motiv an. Damit wur­de der Unter­tan nun­mehr als Bür­ger in erwei­ter­te Rech­te und Pflich­ten ein­ge­setzt. Dies geschah ins­be­son­de­re durch die Ein­füh­rung der all­ge­mei­nen Wehr­pflicht. Die Idee des »Staats­bür­gers in Waf­fen« in Preu­ßen konn­te ihren Ziel­punkt in der Stif­tung des Eiser­nen Kreu­zes fin­den, eine Aus­zeich­nung, die an alle preu­ßi­schen Bür­ger glei­cher­ma­ßen ver­lie­hen wer­den konnte. […]
(Vergl. Das Eiser­ne Kreuz — Zur Geschich­te einer Aus­zeich­nung, Text & Mate­ria­li­en /​Bd 1, MHM Flug­platz Gatow, 8 bis 9)

Frie­sen hat­te zu den wich­tigs­ten Trup­pen­füh­rern des Frei­korps Adolf von Lüt­zow und v. Peters­dorff ein enges Ver­hält­nis, was ihn in der his­to­risch kur­zen Zeit der Exis­tenz des Korps bis zu sei­nem Tode beglei­ten soll­te. Eine beson­de­re Rol­le im Lebens Frie­sens spiel­te Eli­sa von Lüt­zow, geb. Ahl­feldt (*1788; †1855), die Ehe­frau Lüt­zows, der er in der Zeit der Auf­stel­lung des Korps begegnete.

Wohl ein Bei­spiel einer tie­fen pla­to­ni­schen Lie­be, die in Brie­fen Frie­sens an Eli­se noch erhal­ten sind.

Eli­sa von Ahle­feld, Quel­le: poche​-napo​le​on​.net


[…] Frie­sen und ihre Nei­gung tra­fen sich bald: Eli­sa sah in Frie­sen, der Hel­den­tum mit Geist, Ein­füh­lungs­ver­mö­gen und Zart­heit ver­band, die Erfül­lung ihres Wunsch­bil­des, dem ihr tap­fe­rer, aber nüch­ter­ner und der­ber Gat­te nicht ent­sprach. So berich­te­te ihre Freun­din, Lud­mil­la Assing: Eli­sa und Frie­sen fühl­ten sich auf das innigs­te zuein­an­der hin­ge­zo­gen; […] Immer­mann, Frie­sens Nach­fol­ger in Eli­sens Zunei­gung, hat wohl am schöns­ten die­ses zar­te Ver­hält­nis in den »Epi­go­nen« aus­ge­drückt; […] Ja, wenn es eine Lie­be hier auf Erden gege­ben hat, so habe ich geliebt! […] Stumm war unse­re Lie­be und ohne Erklä­rung. Nur als ich ihm beim Abschied die Feld­bin­de reich­te, ver­stan­den sich unse­re Bli­cke. Er zog dahin, und ich sah ihn nicht wieder. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild«, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Oldenbourg,

S. 133)

Dr. Euler beschrieb Frie­sens Ver­hält­nis zu Frau­en folgendermaßen:

[…] Im Umgang mit Frau­en und über­haupt in Gesell­schaft ent­fal­te­te er die lie­bens­wür­digs­te Fri­sche und Fröh­lich­keit. Er war der Fro­hes­te von allen und erhöh­te den Froh­sinn aller. Er bewahr­te in Gebär­den und Wor­ten sei­ne Wür­de und ach­te­te die­sel­be auch stets in den Frauen. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen«, Dr. Carl Euler, Bln 1885, K. Schmidt´s Buch­hand­lung, S 7)

Zum Ver­lau­fe der Früh­jahrs­kam­pa­gne über den Zug des Korps nach Sach­sen bis zum Über­fall von Kit­zen, der Zeit des Waf­fen­still­stan­des, der Kämp­fe in Nord­deutsch­land wäre eine umfang­rei­che Schil­de­rung mög­lich, die aber den Rah­men die­ser Arbeit hier spren­gen dürf­te. Trotz Wil­le, Wage­mut und Tap­fer­keit ver­moch­te sich das Frei­korps nicht deut­lich in die Tat­en­ta­fel des Krie­ges ein­zu­tra­gen. Ledig­lich in der Schlacht an der Göhr­de, am 16. Sep­tem­ber 1813, in der auch Carl von Clau­se­witz focht, erschei­nen die Lüt­zower herausragend.

Geprägt von Kör­ners Tod bei Gade­busch und avan­ciert zum Adju­tan­ten Lüt­zows, befasst sich Frie­sen nach schlep­pen­dem Dasein des Korps mit einer bemer­kens­wer­ten Denk­schrift. Man sprach nicht mehr von der »ver­we­ge­nen Jagd« son­dern von »Lüt­zows stil­ler, ver­le­ge­ner Jagd«. Dem schwe­di­schen Kron­prin­zen mit sei­ner zau­dern­den Mili­tär­füh­rung unter­stellt, düm­pel­te das hoch­mo­bi­le Frei­korps bei lang­wie­ri­gen Vor­pos­ten­diens­ten im süd­li­chen Hol­stein her­um, die die Lüt­zower ermü­de­ten. Die Dis­zi­plin litt unter die­sen Umständen.

[…] Inne­re Gegen­sät­ze tra­ten hin­zu; neben den von reins­ter Vater­lands­lie­be gelei­te­ten Frei­wil­li­gen mach­ten sich jetzt zucht­lo­se und ver­bre­che­ri­sche Ele­men­te breit, die ledig­lich ein­ge­tre­ten waren in der Hoff­nung , ein Frei­beu­ter­le­ben füh­ren zu können. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild«, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Olden­bourg, S. 145 ff)

Intri­gan­ten­tum im Inne­ren und von außen waren die Ursa­chen für Fah­nen­fluch­ten und Absatz­be­we­gun­gen. Die ursprüng­lich vor­han­de­ne hohe Moral der Frei­wil­li­gen droh­te zu schwin­den. Dem stemm­te sich Frie­sen, inzwi­schen Offi­zier gewor­den, mit sei­ner Denk­schrift — vom Sep­tem­ber 1813 — »Die Ursa­chen des seit län­ge­rer Zeit so häu­fig gewor­de­nen Zurück­tre­tens vom Lüt­zow­schen Frei­korps« entgegen.

Dar­in the­ma­ti­siert Frie­sen: — Zusam­men­set­zung des Korps aus Frei­wil­li­gen und Ange­wor­be­nen. — Rück­schlä­ge durch die Nie­der­la­ge bei Kit­zen und durch Man­gel an Aus­rüs­tung und Ver­pfle­gung. — Aus­trit­te aus dem Korps. — Unzweck­mä­ßi­ge Ver­wen­dung des Korps. — Abnei­gung des Königs gegen die Frei­schar. — Ver­tei­di­gung Jahns gegen den Vor­wurf der revo­lu­tio­nä­ren Gesin­nung. — Jahns wah­re Absich­ten. — Ernüch­te­rung der Trup­pe. — Not­wen­dig­keit der Man­nes­zucht. — Blei­ben­de Bedeu­tung der Freischar.
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild«, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Olden­bourg, S. 175 ff)

[…] Zum Schluß der Schrift zeigt sich Frie­sens stark ent­wi­ckel­ter Sinn für mili­tä­ri­sche Zucht und Ord­nung. […] Gera­de in der Auf­fas­sung von der mili­tä­ri­schen Zucht wich Frie­sen stark von sei­nem Freun­de Jahn ab. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild«, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Olden­bourg,
S. 148 bis 149)

Lüt­zow und ande­re Offi­zie­re des Korps unter­stütz­ten Frie­sen, lie­ßen jedoch den schrul­li­gen Jahn links lie­gen. Sich die­ses Umstan­des bewußt, bat Jahn Gnei­se­nau am 27. Juli 1813 ihn aus der Schar zu ent­las­sen. Damit trenn­ten sich die Wege von Frie­sen und Jahn.

Am 30. April 1814 erfolg­te die Ent­las­sung der frei­wil­li­gen Jäger-​Detachements infol­ge der »Aller­höchs­ten Kabinets-​Ordre«  und sie wur­den dem Infanterie-​Regiment Nr. 25 und dem Ulanen-​Regiment Nr. 6 zugeteilt.

Unter der rech­ten Schul­ter der Büs­te ist die Sze­ne von Frie­sens Tod im Wald von La Lob­be, in den Arden­nen, im Jahr 1814 dar­ge­stellt. Im Vor­der­grund ist Frie­sen abge­bil­det, wie er von bewaff­ne­ten Bau­ern der Natio­nal­gar­de umringt ist. Die­se wol­len ihn offen­sicht­lich gefan­gen neh­men, um ihn zum Mai­re des nächs­ten Dor­fes zu eskor­tie­ren. Hin­ter Frie­sen ist sein geschwäch­tes Pferd zu erken­nen. Ver­deckt im Hin­ter­grund steht der Schä­fer, eine Mus­ke­te in der Hand, der Frie­sen hin­ter­rücks erschie­ßen wird.

Reli­ef­plat­te des Denk­mals, Quel­le: Autor 2024

Über die genau­en Todes­um­stän­de Frie­sens gibt es in der Lite­ra­tur eini­ge Dar­stel­lun­gen, die sich nur in eini­gen For­mu­lie­run­gen von­ein­an­der unter­schei­den. Die dar­ge­stell­ten Berich­te über die­sen Umstand ent­stam­men einer Schil­de­rung des ehe­ma­li­gen Lüt­zower Frei­herrn August von Vie­ting­hoff, der durch einen Zufall im Jahr 1816 auf die Gebei­ne sei­nes Freun­des stieß. Vie­ting­hoff ver­sah als Offi­zier der Besat­zungs­trup­pen in den Jah­ren 1815/​1816 sei­nen Dienst in den Arden­nen. Er hat­te weni­ge Wochen nach des Freun­des ver­mut­li­chen Tod von die­sem tra­gi­schen Umstand erfah­ren. Dar­auf­hin unter­nahm er die ers­ten Ver­su­che, den Leich­nam des Freun­des zu fin­den und nach Hau­se zu brin­gen. Bei­de Freun­de hat­ten sich das Ver­spre­chen abge­nom­men, den jeweils ande­ren im Fal­le des Todes in die Hei­mat zu bringen.

Im Krei­se der Bekann­ten und Freun­de war man beun­ru­higt und in Sor­ge. Kein Gerin­ge­rer als der in Paris leben­de Alex­an­der von Hum­boldt hat­te Anteil­nah­me am Schick­sal sei­nes ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­ters und schrieb:

[…] Alle mei­ne ängst­li­chen Nach­for­schun­gen, als die preu­ßi­schen Trup­pen sieg­reich in Paris ein­ge­rückt waren, blie­ben erfolglos. […]
(Vergl. Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Oldenbourg,
S.
161)

Vie­ting­hoffs Suche war von Erfolg gekrönt, denn ein Unter­ge­be­ner des­sel­ben erhielt von einem Ein­hei­mi­schen ein Dienst­sie­gel der Lüt­zower. Der Fran­zo­se berich­te­te, dass der ehe­ma­li­ge Besit­zer des Sie­gels ein in La Lob­be begra­be­ner preu­ßi­scher Offi­zier sei. Vie­ting­hoff soll das Sie­gel, an Hand einer Ker­be mit der Frie­sen sei­ne Pet­schaft gekenn­zeich­net hat­te, dann als des­sen erkannt haben. Er such­te dar­auf hin unver­züg­lich den Mai­re von La Lob­be am 5. Dezem­ber 1816 auf, der eine genaue Schil­de­rung des Vor­fal­les gab.

Die damals han­deln­den Bau­er wur­den ver­hört, und der Mann, der Frie­sen erschoss, wur­de fest­ge­setzt. Die­sem gelang jedoch die Flucht. Vie­ting­hoff ließ Grä­ber auf dem Kirch­hof öff­nen und trotz Ver­we­sung konn­te er die Gebei­ne Frie­sens zwei­fels­frei anhand den von ihm bekann­ten mar­kan­ten Merk­ma­len am Schä­del und Gebiss iden­ti­fi­zie­ren. Was war­schein­lich gesche­hen war, nach­dem Frie­sen von sei­ner Trup­pe getrennt wur­de, kön­nen wir bei Dr. Carl Euler in sei­nem Buch »Fried­rich Frie­sen« aus dem Jahr 1899 lesen
(Vergl. Vergl. »Tur­nen ist mehr — …, Hg. Krü­ger & Stein, Bd. 1, Hil­des­heim 2014, S. 52)

[…] Er war am 15. März Nach­mit­tags 4 Uhr, als er zurück­ge­blie­ben […] in dem etwa eine Vier­tel­stun­de vom Dor­fe La Lob­be im Arden­nen­de­part­ment ent­fernt gele­ge­nen Bois de Huil­leux ankam und dort auf zwei Bau­ern traf, die daselbst Brenn­holz schlu­gen. Er for­der­te sie auf, ihn ins nächs­te Dorf zum Mai­re zu brin­gen, und sie sag­ten dies zu. Als sie bei­na­he aus dem Wald dar­aus waren, begeg­ne­te ihnen ein Hau­fen mit Flin­ten und Aex­ten bewaff­ne­ter Bau­ern, eine Streif­par­tie des von Napo­lé­on auf­ge­bo­te­nen Land­sturms (levée en mas­se). Als sie des feind­li­chen Offi­ziers ansich­tig wur­den, ver­lang­ten sie sogleich lär­mend von sei­nen Beglei­tern sei­ne Aus­lie­fe­rung, wel­che die­se hart­nä­ckig ver­wei­ger­ten. Dar­über kam es zum Hand­ge­men­ge und als Frie­sen sich tap­fer zur Wehr setz­te, so schoß einer von ihnen, namens Bro­dio, ein blöd­sin­ni­ger Schä­fer von der Fer­me La Pui­si­uex, sei­ne Flin­te auf ihn ab. Die Kugel drang durch die lin­ke Brust, durch das Herz und das lin­ke Schul­ter­blatt. Laut­los ohne Kla­ge sank der Edle todt zu Boden. Die Mör­der plün­der­ten den Gefal­le­nen rein aus und lie­ßen ihn ganz nackt lie­gen. Die bei­den Bau­ern aus La Lob­be mach­ten sofort ihrem Mai­re Namens Des­ly­on Anzei­ge von dem Gesche­he­nem. Eilig begab er sich an Ort und Stel­le. Bewun­dernd stand er vor dem Rie­sen­leib, die edlen, fei­nen Züge rüh­ren ihn, er mein­te nicht anders, wie er spä­ter selbst Friesen´s Freund, August von Vie­ting­hoff, gestand, er müs­se der preu­ßi­schen Gefal­le­ne fürst­li­chen Stan­des sein. Er ließ ihn auf­he­ben, in das Dorf tra­gen, in einen Sarg legen und am 17. März, Mor­gens 10 Uhr auf dem dor­ti­gen Fried­ho­fe mit allen dabei übli­chen Förm­lich­kei­ten, d. h. nach katho­li­schem Ritus mit Gesang begraben. […] 

Vie­ting­hoff grub Frie­sen in Bei­sein eines Arz­tes am 5. Dezem­ber 1816 aus und beför­der­te die Gebei­ne des Freun­des in einem Korb nach Launois – süd­lich von Raims – um spä­ter eine Über­füh­rung nach Ber­lin sowie die Bei­set­zung der sterb­li­chen Über­res­te zu rea­li­sie­ren. Vie­ting­hoff schrieb an einen Freund, den Major Hel­men­streit, einen ehe­ma­li­gen Lützower:

[…] Mei­ne Freu­de und mein Schmerz über den nun­meh­ri­gen Besitz die­ser teu­ren und herr­li­chen Über­res­te ist über­aus und gleich groß […] Es feh­len mir die Wor­te, um Dir mei­ne Emp­fin­dun­gen in ihrem gan­zen Umfan­ge aus­zu­drü­cken, die mich bei dem Bewußt­sein durch­drin­gen, die Gebei­ne mei­nes Freun­des, des­sen andenken die Zeit nie und nim­mer aus mei­ner See­le ver­wi­schen kann und wird, in mei­ner Stu­be zu wissen. […]
(Vergl. Fried­rich Frie­sen — Ein poli­ti­sches Lebens­bild, E. Rund­na­gel, Mün­chen & Ber­lin 1936, Ver­lag R. Oldenbourg,
S.
162 bis 163)

»In mei­ner Stu­be«, was ver­birgt sich hin­ter die­ser unschein­ba­ren, jedoch rät­sel­haf­ten For­mu­lie­rung? Vie­ting­hoff infor­mier­te Jahn und ver­sprach die Über­sen­dung der Gebei­ne, wenn er für eine wür­di­ge Bestat­tung sor­gen wür­de. Jahn plan­te dafür die Hasen­hei­de, die alte Wir­kungs­stät­te der Tur­ner zu Frie­sens Lebens­zei­ten. Das Ereig­nis soll­te am 18. Okto­ber 1817, dem Tag der »Völ­ker­schlacht«, in sei­ner natio­na­len Bedeu­tung voll­zo­gen werden.

Gleich­wohl gelang Jahn das nicht, da die Bur­schen­schafts­be­we­gung vor den Befrei­ungs­krie­gen sowie die »Umtrie­be*« der aka­de­mi­schen Jugend, zurück­kehrt aus dem Krieg, begin­nend mit 1815 und dem nach­fol­gen­den »Wart­burg­fest« 1817, zu poli­ti­schen Reak­tio­nen des preu­ßi­schen Königs, des Hofes und ein­zel­ner reak­tio­nä­rer Regie­rungs­mit­glie­der führten.
* »Umtrie­be«: In der Brock­haus Ency­klo­pä­die, Aus­ga­be­jahr 1827, lesen wir:

»All­ge­mei­ne deut­sche Real-​Encyklopädie für gebil­de­te Stän­de«, Band 11: »[…] Umtrie­be [Dem­ago­gi­sche] in Deutsch­land. Die­ser Aus­bruch bezeich­net ein bis­her in der deut­schen Nati­on uner­hör­tes, vor kur­zem aber einem Thei­le der­sel­ben Schuld gege­be­nes , straf­ba­res Bestre­ben, durch gehei­me Ver­bin­dun­gen den Wunsch nach dem Umstur­ze der bestehen­den legi­ti­men Ver­fas­sung all­ge­mein zu ver­brei­ten und des­sen Aus­füh­rung vorzubereiten. […]«
(Vergl. All­ge­mei­ne deut­sche Real-​Encyklopädie für die gebil­de­ten Stän­de. …, Band 11, Leipzig-​Brockhaus, 1827,

S. 472)Bereits 1800 erschien Jahns ers­ter schrift­stel­le­ri­scher Ver­such, der dem enge­ren Vater­land galt. Es war die Schrift »Über die Beför­de­rung des Patrio­tis­mus im Preu­ßi­schen Rei­che«, mit der Inten­ti­on und Stre­ben Jahns nach deut­scher Ein­heit begann. Das jedoch den Wider­spruch füh­ren­der Kräf­te Preu­ßens und Öster­reich her­vor­rief, was zu den »Karls­ba­der Beschlüs­sen« vom 6. bis 31. August 1819 in Karls­bad führ­te. Es war die gerad­li­ni­ge Reak­ti­on des preu­ßi­schen Staa­tes auf das Zusam­men­tref­fen der Stu­den­ten auf der Wart­burg, spä­ter dann in Ham­bach, unter denen die Mehr­heit ehe­ma­li­ge Kämp­fer der Krie­ge von 1813 bis 1815 waren, die poli­ti­sche For­de­run­gen nach Neu­ord­nung Preu­ßens und der ande­ren deut­schen Staa­ten stellten.

Die­se Zeit wird als »Dem­ago­gen­ver­fol­gung« bezeich­net, die zur Inhaf­tie­rung Jahns und ande­rer Prot­ago­nis­ten führ­te. An eine öffent­li­che Bei­set­zung Frie­sens war unter die­sen Bedin­gun­gen lan­ge Jah­re nicht zu den­ken.
Vie­ting­hoff bewahr­te die Gebei­ne sei­nes Freun­des bis in das Jahr 1843 in sei­nem Haus­halt, also rund 29 Jah­re, sicher auf. Durch sei­nen wei­te­ren Dienst als preu­ßi­scher Offi­zier wech­sel­te er mehr­fach die Stand­or­te, immer mit sei­nem Freund in einem Kof­fer­sarg bei sich.Wel­chen Beweis für eine Freund­schaft kann es noch geben?Der Nach­fol­ger Wil­helm des III., König Fried­rich Wil­helm IV., gestat­te­te dann end­lich die Bei­set­zung Frie­sens für den 15. März 1843, unweit der Grab­stel­le Scharn­horsts, auf dem Ber­li­ner Inva­li­den­fried­hof.[…] Sech­zehn Unter­of­fi­zie­re tru­gen den Sarg, der mit Lor­beer­kranz und Waf­fen­schmuck geziert war, zur Gruft, die in sin­ni­ger Wei­se neben Scharn­horsts Gra­be bereit war. […](Vergl. »Fried­rich Frie­sen und die Lüt­zower« E. Hein­rich, Stutt­gard 1890, Stein­topf, S. 150)

Noch ein­mal zum Ver­hält­nis Frie­sens zum weib­li­chen Geschlecht. Eine erstaun­li­che Beob­ach­tung aus der dama­li­gen Zeit von der in aller Stil­le durch­ge­führ­ten Beer­di­gung, ist über­lie­fert. Freun­de und Kame­ra­den hat­ten Schä­del und Gebei­ne Frie­sens mit Blu­men geschmückt.

[…] Es ist […] erzählt wor­den, daß bei der Bestat­tung von Frie­sens Gebei­nen im Jahr 1843 eine tief ver­schlei­er­te, schwarz geklei­de­te, allen unbe­kann­te Dame zuge­gen gewe­sen sei und sich, als die Fei­er­lich­keit zu Ende war, still wie­der ent­fernt habe. […]
(Vergl. »Fried­rich Frie­sen«, Dr. Carl Euler, Bln 1885, K. Schmidt´s Buch­hand­lung, S 7)

Ob die­se Erschei­nung jedoch eine Bezie­hung zu Frie­sen hat­te, wird wohl ein Rät­sel der Geschich­te blei­ben. Der Mag­de­bur­ger Lyri­ker und Dra­ma­ti­ker Karl Lebe­recht Immer­mann (*1796;†1840), 1815 Teil­neh­mer des Krie­ges gegen Napo­lé­on, setz­te Vie­ting­hoff in sei­nem Roman »Die Epi­go­nen« ob sei­ner Treue zu Frie­sen und des­sen Lie­be zu Eli­se ein blei­ben­des Denkmal.

Denk­mal Immer­manns, Mag­de­burg, Quel­le: Autor

[…] Er zog dahin, und ich sah ihn nicht wie­der. […] Sein ein­zi­ger Wunsch war, in deut­scher Erde zu ruhn, er schau­der­te vor dem Gedan­ken, fern unter den Fuß­trit­ten eines feind­li­chen Vol­kes ver­mo­dern zu müs­sen. […] Nicht in einer der gro­ßen herr­li­chen Befrei­ungs­schlach­ten fiel mein Freund, nein, ver­ein­zelt, sei­ner Schar nach­ge­blie­ben, wur­de er von umher­strei­fen­dem Gesin­del auf frem­den Boden erschlagen. […]
(Vergl, »Die Epi­go­nen«, Karl Lebrecht Immer­mann, Rüt­ten & Loe­ning Ver­lag Pots­dam, sechs­tes Buch, Medon und Johan­na, S. 571 bis 574)

Auf der Rück­sei­te des Grab­kreu­zes für Frie­sen ist zu lesen.

Kreuz Frie­sens, Rück­sei­te. Quel­le: Th. Zitelmann

Frü­her als Leh­rer ein eif­ri­ger Begeis­te­rer der Jugend zur Befrei­ung des Vater­lan­des vom Fein­des­joch, fiel er als Mit­kämp­fer unter den Vater­lands­ver­tei­di­gern. Restau­riert durch die Tur­ner Ber­lins im Jah­re 1872.

Nach­zu­tra­gen wäre noch, der preu­ßi­sche Oberst­leut­nant Vie­ting­hoff wur­de 1847 auf dem Ber­li­ner Fried­hof vor dem Hal­le­schen Tor nach sei­nem Tode bei­gesetzt. Sein Grab, längst ein­ge­eb­net, fiel dem Ver­ges­sen anheim.

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