Teil 4
Clausewitz exemplifiziert in seiner Schrift »Die wichtigen Grundsätze des Kriegführens«:
»…unter III. Strategie, IV. Über die Befolgung der gegebenen Grundsätze im Kriege«11
eine Reihe von Wirkungsfaktoren.
»Die Ursachen dieser Friktionen erschöpfend aufzuzählen, ist vielleicht nicht möglich, aber die hauptsächlichsten sind folgende. . …«12
Der Autor gestattet sich hier an dieser Stelle, die von Clausewitz genannten acht wesentlichen Ursachen mit eigenen Worten verkürzt darzustellen.
1. Unsicherheit in der Entschlussfassung auf Grund fehlender Informationen;
2. Unsicherheit der Nachrichtenlage, mögliche Verkennung von Gefahren;
3. Schwierigkeit bei der Beurteilung der eigenen und gegnerischen Truppen;
4. Schwierige Beurteilung der Leistungsfähigkeit der eigenen Truppen;
5. Durchsetzungsfähigkeit der Truppenführer bei Unvorhergesehenem;
6. Zustand der Truppen und Wirkung durch deren Abschmelzung im Gefecht;
7. Wirkung der materiellen und technischen Sicherstellung im Gefecht;
8. Fähigkeit, am Ziel konsequent festzuhalten.
Clausewitz führt hier danach weiter aus, welche Bedeutung er in diesem Zusammenhang dem Studium der Kriegsgeschichte beimisst:
»Darum ist das Studium der Kriegsgeschichte so wichtig, weil man dadurch gewissermaßen die Dinge selbst kennenlernt, deren Hergang selbst sieht.«13
Worte um das Jahr 1810, gerichtet an den Kronprinzen Preußens. Worte, die bis in die Gegenwart an sich und angesichts »hybrider Kriege« besonders leuchten.
Die Hauptmerkmale der Clausewitz’chen Friktionsmerkmale sind hier offensichtlich die Unsicherheit und die Manifestation von Zufällen, die nicht vorher gesehen werden können. Hier besteht die Gefahr der erhöhten Wahrscheinlichkeit unkontrollierter Handlungen, die schnell zur Verschärfung des Konfliktes führen können. Besonders dann, wenn die Gefahr droht, dass Interessen von Atommächten tangiert werden.
So wie wir das im Konflikt in der Ostukraine beobachten konnten, als am 17. Juli 2014 über dem Kampfgebiet der Ostukraine eine Boeing 777 – 200ER der Malaysia Airlines durch eine Boden-Luftrakete abgeschossen wurde. Dabei kamen annähernd 300 Menschen ums Leben. Bis zum heutigen Tag sind die Verantwortlichen für dieses Verbrechen nicht zur Verantwortung gezogen worden, da diese im Nebel des »hybriden Krieges« untertauchen konnten.
Wir sehen also, dass die Hauptdimension des »hybriden Krieges« die Subversion gegen Schwachstellen des Staates ist, um die Fähigkeit des Gegners zum Widerstand zu untergraben und ihm den eigenen Willen aufzuzwingen. Dabei müssen wir beachten, dass es im Verlauf der Handlungen zu einem gewichtigen Abnutzungsprozess der physischen Kräfte, der moralischen Standhaftigkeit und der ökonomischen Möglichkeiten kommen kann.
Carl von Clausewitz:
»Der Verlust an physischen Streitkräften ist nicht der einzige, den beide Teile im Verlauf des Gefechts erleiden, sondern auch die moralischen werden erschüttert, gebrochen und gehen zugrunde. … Die moralischen Kräfte sind es vorzugsweise, welche hier entscheiden, und sie waren es allein in allen Fällen, wo der Sieger ebensoviel verloren hat wie der Besiegte«14
Wobei wir hier festhalten müssen, dass im »hybriden Krieg« der Angreifer erst dann ernstzunehmende Verluste erleidet, wenn sich der Angegriffene ernsthaft zur Wehr setzt. Das können wir im Fortgang der Operation Krim im Donbass erkennen.
So kennen wir heute die ungefähren Verlustziffern in diesem Konflikt, wonach bis Januar 2019 insgesamt 12.477 Todesopfer zu beklagen sind. Darunter 3.320 Zivilisten sowie 3.813 ukrainische Soldaten. Die Separatisten verloren 5.314 Kämpfer; die Anzahl gefallener russischer Soldaten lässt sich aus dieser Summe nicht verifizieren.
Quelle: Neue Züricher Zeitung vom 23.01.2019
11Carl von Clausewitz, „Vom Kriege“, Verlag MfNV Bln., 1957, S. 808
12 ebenda S. 809
13 ebenda S. 813
14 ebenda S. 228